Riesige Landstriche in Pakistan stehen unter Wasser. Fünf Millionen Menschen sind betroffen. Die Hilfen der Regierung laufen schleppend.

Neu Delhi/Islamabad. Zwei Tage lang haben sich Hussain Chandio und seine 15-köpfige Familie durch überflutete Landstriche im Süden Pakistans geschlagen. Ihr Ziel: die Bezirkstadt Badin. „Wir haben alles verloren und hoffen, in einem Auffanglager Hilfe zu bekommen“, sagt der 41-Jährige, während seine Angehörigen entkräftet am Straßenrand kauern. „Das Wasser war überall. Es schüttete vom Himmel und strömte durch gebrochene Deiche aus den Kanälen.“ Die Menschen hätten versucht, sich auf Bäume und Hausdächer zu retten. Einige hätten es jedoch nicht geschafft, berichtet Chandio. Auch sein achtjähriger Sohn sei ertrunken.

„Wir konnten im ganzen Dorf keinen trockenen Flecken Erde finden, um ihn zu begraben.“ Trotzdem harrten viele in den Flutgebieten aus und warteten auf Rettung. „Doch niemand kommt, die Regierung tut nichts.“ Seit Mitte August regnet es in der Provinz Sindh fast ununterbrochen. Die heftigen Monsun-Niederschläge haben Flüsse und Kanäle in fast allen der 23 Bezirke über die Ufer treten lassen.

Tausende Dörfer und riesige Ackerflächen stehen unter Wasser. Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörden NDMA wurden knapp 1,2 Millionen Häuser beschädigt oder zerstört. Mehr als 5,3 Millionen Menschen sind betroffen, mindestens 233 Tote zu beklagen.

Bereits im vergangenen Jahr waren weite Teile Sindhs von der Jahrhundertflut überspült worden. Viele Menschen sind nun ein zweites Mal betroffen. Eine Katastrophe mit Ansage, denn Hilfsorganisationen wie Oxfam hatten schon vor Wochen vor der herannahenden Gefahr gewarnt. Pakistan sei schlecht auf Monsun-Hochwasser vorbereitet, hieß es. Millionen Menschen seien von Überschwemmungen bedroht.

Die Behörden hätten erneut zu langsam reagiert, sagt Mohammad Khan Samo von einer örtlichen Hilfsorganisation in Badin. Zehntausende Menschen säßen fest und versuchten auf Straßen, Deichen oder anderswo Schutz zu finden. Doch sie seien vom Wasser eingeschlossen.

Nach Aussage Samos ist die Armee in dem Bezirk nur mit 36 Booten im Einsatz. „Wir brauchen mehr Boote, um Menschen in Sicherheit zu bringen, und auch Hubschrauber, um die Eingeschlossenen mit Lebensmitteln zu versorgen.“ Zudem seien Zelte nötig, damit die Geretteten zumindest notdürftig untergebracht werden könnten.

NDMA-Chef Zafar Iqbal Qadir räumt ein, dass sich die Hilfe der Regierung zunächst verzögert habe. Grund dafür sei das muslimische Fest des Fastenbrechens Ende August gewesen. Als das Hochwasser in Sindh gefährlich anstieg, seien viele Mitarbeiter noch im Urlaub gewesen, sagt Qadir. „Aber wir holen auf. Inzwischen haben wir alle uns verfügbaren Ressourcen mobilisiert, um Hilfe zu leisten.“ Allerdings sei das Ausmaß der Katastrophe so gewaltig, dass Pakistan um die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft gebeten habe.

Vor einem Jahr, als 20 Millionen der 180 Millionen Menschen von den Fluten betroffen waren , hatten die Vereinten Nationen Hilfsgelder in Höhe von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro angefordert. 30 Prozent dieser Summer wurden bis heute nicht nach Pakistan überwiesen.

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