Der Konzern will seine Operationen anscheinend wieder aufnehmen. Und der Plattform-Betreiber Transocean rühmt sich für seine Sicherheit.

London/Washington. Die Normalität scheint Einkehr zu erhalten: Knapp ein Jahr nach der Explosion seiner Bohrinsel „Deepwater Horizon“ will der britische Konzern BP laut Medienberichten wieder im Golf von Mexiko nach Öl suchen. Das für die schlimmste Ölpest der US-Geschichte mitverantwortliche Unternehmen habe von den amerikanischen Behörden die Erlaubnis erhalten, seine existierenden Plattformen ab Juli wieder in Betrieb zu nehmen, berichteten „Financial Times“und „Sunday Times“ übereinstimmend.

BP habe sich im Gegenzug jedoch verpflichtet, den Behörden jederzeit Zugang zu den Bohrinseln zu gewähren. Außerdem habe das Unternehmen in einer Vereinbarung zugesichert, seine Notfallpläne nach der Katastrophe verbessert zu haben, bei der 780 Millionen Liter Rohöl ins Meer strömten. Ein Sprecher von BP wollte die Meldungen nicht kommentieren. Auch von den amerikanischen Behörden gab es keine Bestätigung. Allerdings hatte US-Präsident Barack Obama in der Vergangenheit mehrfach klar gemacht, dass es wieder Genehmigungen für Tiefseebohrungen imGolf vonMexiko geben werde. Die Auflagen seien aber wesentlich strenger als früher.

Die heimische Ölförderung ist für den Präsidenten auch nach der Ölpest eine wichtige Säule der Energiesicherheit in den USA. BP ist den Berichten zufolge mit 20 Ölfeldern der größte Lizenznehmer für Tiefseeölfelder imGolf vonMexiko. Bisher gilt die Vereinbarung laut „Financial Times“ für die zehn bestehenden Bohrinseln. Die „Sunday Times“ schrieb, dass BP später im Jahr versuchen könnte, auch Genehmigungen für neue Bohrlöcher zu bekommen. Die Katastrophe imGolf vonMexiko hatte BP in eine schwere Krise gestürzt. Die Kosten für das Öl-Desaster im Golf von Mexiko bezifferten die Briten insgesamt auf knapp 41 Milliarden Dollar (28,8 Milliarden Euro). DasGeschäftsjahr 2010 endete für das Unternehmen unterm Strich mit einem Minus von 4,9 Milliarden Dollar.

Es dauerte damal rund vier Monate, bis die defekte Quelle in 1500 Metern Tiefe im August geschlossen werden konnte.Eine US-Regierungskommission warf den beteiligten Unternehmen „massive Managementfehler“ vor.

Eine dieser Firmen, das Schweizer Ölbohrunternehmen Transocean, rühmte sich am Wochenende für seine Sicherheit. Man habe beim Sicherheitsniveau das beste Jahr der Firmengeschichte verzeichnet, heißt es im Geschäftsbericht 2010. „Dies ist ein Ergebnis unserer Bemühungen, überall und jederzeit Zwischenfälle zu vermeiden.“ Die Zahl der tatsächlichen und möglichen Zwischenfälle auf den Ölplattformen des Unternehmens sei trotz der Katastrophe so niedrig gewesen wie noch nie. Von der geringen Zahl der Unfälle beiTransocean profitieren laut Geschäftsbericht vor allem die Manager. Die Höhe ihrer Bonuszahlungen bemisst sich unter anderem nach den Sicherheitskennzahlen.

Transocean hatte die „Deepwater Horizon“ gemeinsam mit BP und der US-Firma Halliburton betrieben. Bei deren Explosion am 20. April 2010 starben 11 Arbeiter – darunter neun von Transocean. Transocean ist der größte Hochsee-Ölbohrkonzern weltweit. Das auf tiefe Bohrungen spezialisierte Unternehmen hat mehr als 18 000 Mitarbeiter und besitzt rund 140 Bohranlagen. Im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen 9,6 Milliarden US-Dollar (6,75 Milliarden Euro) um, der Konzerngewinn betrug 961 MillionenDollar.

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Das nach der Explosion der Bohrplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko ausgetretene Öl liegt weiter auf dem Grund des Meeres. Es sei nicht wie erhofft von Mikroben abgebaut worden, teilte eine Wissenschaftlerin mit, die mit einem U-Boot den Meeresboden in der Nähe des Lecks untersucht hatte. Der Bericht widerspricht damit der Einschätzung des Ölkonzerns BP, derzufolge bereits 2012 kaum noch Folgen der Umweltkatastrophe zu erkennen sein würden.

Die Meereswissenschaftlerin Samantha Joye von der Universität von Georgia erklärte am Wochenende auf einer Konferenz in Washington, sie habe im Dezember die gleichen Orte aufgesucht wie schon im Sommer und erwartet, dass das Öl inzwischen verschwunden sei. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Es müsse jetzt geklärt werden, warum das Öl nicht wie erwartet abgebaut worden sei. "Die Mikroben haben bislang vielleicht zehn Prozent der gesamten Verunreinigung aufgelöst", sagte Joye, "es ist noch jede Menge da."

Die Ergebnisse von Joye und ihren Kollegen widersprechen anderen Studien, die ein viel optimistischeres Bild gezeichnet hatten. Ein von BP unterstützter Forscher des Energieministeriums hatte versichert, die Mikroben arbeiteten "sehr schnell". Die Abweichungen wurden damit erklärt, dass an anderen Orten und zu anderen Zeiten Proben entnommen worden seien.

Das Team von Joye nahm bei fünf Unterwasser-Expeditionen in einem Gebiet von rund 6700 Quadratkilometern 250 Bodenproben. Einige der Orte hatten die Forscher bereits vor der Katastrophe am 20. April 2010 untersucht. Es seien sowohl am Meeresboden als auch im Wasser deutliche Veränderungen festgestellt worden. Die chemische Zusammensetzung der entnommenen Proben belege eindeutig, dass die Veränderungen durch das Ölleck verursacht worden seien.

Joye und ihre Kollegen lieferten auch Foto- und Video-Material, darunter Bilder von dem mit einer Ölschicht bedeckten Meeresboden, von getöteten Krabben und Seesternen. Joye: "Die Organismen sind durch das Öl erstickt."

Bei der Explosion der im Auftrag von BP betriebenen Bohrinsel waren elf Arbeiter ums Leben gekomen. Danach strömten rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer. Es handelte sich um die bislang größte Ölpest in den USA.

(dpa/abendblatt.de)