Das Noma in Kopenhagen wurde zum besten Restaurant der Welt gekürt. Auch zwei deutsche Restaurants schafften es in die Top 50.

Kopenhagen. Das Gericht hört sich so einfach an: Kastanie und Walnuss, Roggenbrot und Kresse. Aber der Koch braucht eine Hand, die mindestens genauso ruhig sein muss wie die eines Chirurgen. 15 nur zwei Millimeter dicke Scheiben einer Kastanie werden aufrecht in ein Nest aus gerösteten Walnüssen und Roggenbrotkrümeln gestellt. Obendrauf kommt auf jede einzelne Scheibe ein Sträußchen aus drei Blättern Brunnenkresse. Vorsichtig balanciert der Ober dann den Teller zum Gast. Und wie es nicht anders sein kann: In dem Moment, in dem der Gast das Werk mit der Gabel berührt, fällt es zusammen wie ein Kartenhaus.

"Das ist Magie", sagt René Redzepi, 33, Chef und Gründer des Restaurants Noma, das bei den jährlichen S.-Pellegrino-Restaurant-Auszeichnungen in London zum zweiten Mal den ersten Platz als bestes Restaurant der Welt belegte. In die Liste der 50 besten schafften es Restaurants aus 20 Ländern. Verliehen wird die Auszeichnung vom Magazin "Restaurant", über die Rangfolge entscheiden 800 Industrieexperten, Kritiker und Chefköche. Die Liste wird seit 2002 jährlich erstellt.

Das Restaurant ist in einem alten Speicher im Hafenviertel

Noma-Chef Redzepi liebt den Chaos-Augenblick. "Wir brauchen so lange, um den Teller aufzubauen, und dann stürzt alles in sich zusammen. Diese Sekunde ist reine Magie." Magie ist überhaupt das Wort, das am allerbesten auf sein Restaurant passt.

Gelegen in einem restaurierten ehemaligen Speicher im Kopenhagener Hafenviertel Christianshavn, entspricht es auf den ersten Blick so gar nicht einem Gourmettempel. Die Stimmung ist, wie man sie sich in einem alten nordischen Hafenspeicher vorstellt: roh und ungekünstelt. Alte Designerstühle stehen auf Holzplanken, Felle liegen scheinbar zufällig hier und da. Redzepi, der seinen Nachnamen seinem albanischen Vater verdankt, kam als 15-Jähriger zufällig zum Kochen. Er sollte bei einem Kursus ein Gericht zusammenstellen, in dem Cashew-Nüsse vorkamen. Stundenlang dachte er darüber nach, ob Kastanien oder Walnüsse nicht interessanter wären. Nach diesem Erlebnis stand für ihn fest: Er wird Koch. Nach seiner Ausbildung besuchte der Däne führende Restaurants in Kopenhagen und Frankreich. 2004 eröffnete er schließlich mithilfe des dänischen TV-Kochgurus Claus Meyer das Noma. Es war genau der richtige Zeitpunkt, denn "die neue nordische Küche" wurde genau in jenen Jahren ein allgemein bekannter Begriff.

René Redzepi hat selbst keinerlei Schwellenängste, wenn es ums Kochen geht. Er hat auf Island Hákarl (verfaulten Hai) probiert, auf Grönland in Robbenleber gebissen und in Schweden den berühmt-berüchtigten Surströmning - Hering, der in Dosen so stark gärt, dass die Dosen Beulen bekommen - getestet. Für ihn ist Probieren eine intellektuelle Übung, die ihn zwingt, für alles offen zu sein. "Wir hatten einen brasilianischen Koch zu Besuch, der Ameisen in einer Tüte dabei hatte. Riesendinger, aus denen eine Creme herauslief, wenn man darauf biss. Es war eigentlich direkt für die Brechtüte. Aber es schmeckte himmlisch, wie eine Mischung aus Zitronengras und Ingwer."

Ganz so abgefahrene Spezialitäten will der Küchenchef seinen Gästen jedoch nicht zumuten. Seine Gerichte sollen zeigen, welche prachtvollen Produkte der Norden zu bieten hat: Seltene Rinder-, Schafs- und Entensorten, wilde Kräuter von Bärlauch über Löwenzahn bis hin zum Sauerampfer, Austern und Seeigel, einheimische Artischocken, Wild aus den Weiten Norwegens und Grönlands. Das Lieblingsgericht eines Food-Kritikers aus England ist etwa "Nomas" Tartar mit Sauerampfer. Ein Tatar, das man wohlgemerkt mit der Hand essen muss.

Auch zwei deutsche Restaurants schafften es in die Top 50

"Ausländische Gäste sind darüber verwundert, wie viel die nordische Küche zu bieten hat", stellt Redzepi fest. "Dänische Gäste dagegen werden oft an die Gerüche ihrer Kindheit erinnert."

Andreas Dietz, Veranstalter der "Großen Gourmetpreise" in Deutschland, erklärt den Erfolg des Noma zum einen damit, dass man sich auf ausschließlich regionale Produkte besinnt, gepaart mit dem Know-how internationaler Köche. Dietz war schon Gast im Noma. "Ich war überrascht, wie relativ schlicht das Restaurant ist. Es wird viel mit den Gästen kommuniziert."

Auch zwei deutsche Edelküchen gehören zu den besten 50 Gourmet-Adressen der Welt. Das Vendome im Grandhotel Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach (Küchenchef: Joachim Wissler) hat sich um einen Platz auf Rang 21 verbessert. Das Restaurant Aqua im Ritz-Carlton in Wolfsburg (Küchenchef: Sven Elverfeld) verbesserte sich gleich um neun Plätze auf Rang 25.