Weil sie die neue Kleiderordnung eines katholischen Pflegeheimes missachtete, wurde eine jahrelang dort tätige Muslima vor die Tür gesetzt.

Neuss. Folgt nach der Burka-Debatte im öffentlichen Dienst nun eine neuerliche Kopftuch-Diskussion in Deutschland? Im nordhrein-westfälischen Neuss ist einer muslimischen Putzfrau in einem katholischen Pflegeheim wegen ihres Kopftuchs gekündigt worden. Das bestätigte Arbeitsrechtler Jan-Philipp Kraa am Mittwoch in Düsseldorf. Zuvor habe die Frau jahrelang unbeanstandet in dem Heim gearbeitet. Nachdem ein Gütetermin vor dem Arbeitsgericht in Neuss gescheitert sei, komme es nun am 24. Februar zur entscheidenden Verhandlung, wenn bis dahin keine einvernehmliche Regelung gefunden werde.

Der Träger des Heims, die katholischen St. Antonius-Kliniken in Neuss, berief sich am Mittwoch auf die seit Mitte 2010 geltende Kleiderordnung des Unternehmens. Darin sei das Tragen von Kopfbedeckungen aller Art grundsätzlich verboten. Die Leitung des Seniorenpflegeheims habe den Reinigungs-Dienstleister gebeten, auf die Kleiderordnung „Rücksicht zu nehmen“.

Ob das Verbot auch für Ordenstrachten gilt, ließen die Kliniken offen. Der Arbeitgeber, ein externer Dienstleister, sah sich daraufhin gezwungen, der Frau zu kündigen, weil sie ihr Kopftuch nicht abnehmen wollte und man keinen Ersatz-Arbeitsplatz für sie fand. Der Anwalt der Klägerin nahm den Dienstleister als Arbeitgeber ausdrücklich in Schutz: „Der Böse ist in diesem Spiel nicht der Arbeitgeber.“ Ein Sprecher der Firmengruppe sagte der „Bild“-Zeitung, man bemühe sich weiter um einen anderen Arbeitsplatz für die Frau.

Im Januar war ein ähnlicher Fall in den bundesweiten Schlagzeilen. Damals war bekannt geworden, dass eine muslimische Angestellte der Stadt Frankfurt nach Babypause in einer Burka an ihren Arbeitsplatz im Bürgeramt zurückkehren wollte. Nachdem die Stadt ankündigte, notfalls gerichtlich dagegen vorgehen zu wollen, schied die 38-Jährige freiwillig aus dem Dienst.

Auch niedere Kündigungsgründe hatten in jüngster Vergangenheit in Deutschland Aufsehen erregt. In Berlin wurde einer Supermarkt-Kassiererin wegen Unterschlagung von Pfandbons für 1,30 Euro gekündigt. Einer Altenpflegerin vom Bodensee wollte der Arbeitgeber den Stuhl vor die Tür setzen, weil sie ohne Absprache Maultaschen im Wert von 3,51 Euro zu sich genommen hatte. Beide Fälle endeten vor Gericht mit einem Vergleich.

Mit Material von dpa