Der Streit ist auch für aufgeklärte Zeitgenossen nur schwer zu durchschauen. Warum eine Lehrerin mit Kopftuch in Bayern den Schulfrieden stört, in Berlin aber nicht, entzieht sich jeder Argumentation. Das Gesetz ist formal aber nun mal Ländersache. Niedersachsens designierte Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) will nun das Kreuz mit Kruzifix und Kopftuch beenden und beides aus allen öffentlichen Schulen verbannen. Wenn schon Trennung von Staat und Kirche, dann konsequent. Deutschlands bald erste muslimische Ministerin räumt damit ein, dass es beim Kopftuch nicht nur um ein Stück Stoff geht, sondern um ein religiöses Symbol. Aber sind Kreuz und Kopftuch wirklich gleichzusetzen? Das Kruzifix steht für die christliche Kultur in Deutschland. Zum Reichtum dieser Tradition gehört es, tolerant gegenüber allem zu sein, was der Menschenwürde nicht widerspricht. Viele muslimische Mädchen und Frauen müssen ein Kopftuch als Symbol ihrer Unterordnung in Staat, Gesellschaft und Familie tragen. Und dies verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gleichstellungsgebot von Mann und Frau. Der Kopftuchstreit zeigt damit ebenso wie die Debatten um Minarett-Bauten, Burka-Verbote oder die Äußerungen Thilo Sarrazins, wie sehr die Atmosphäre im Umgang mit dem Islam bereits vergiftet ist.