Eine “Eltern“-Umfrage versucht die Frage zu klären, warum so viele junge Deutsche kinderlos bleiben. Mehr als 1000 Personen wurden befragt.

Berlin. Die gute Nachricht zuerst: 66 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 25 und 45 Jahren wünschen sich Nachwuchs, bei den unter 30-Jährigen träumen sogar 86 Prozent von eigenen Kindern. Die schlechte Nachricht: Es bleibt leider oft bei diesem Traum. Aufgeschoben ist manchmal eben doch aufgehoben, offenbar gerade bei der Familienplanung.

Das geht jetzt aus einer repräsentativen Umfrage hervor, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Magazins "Eltern" mehr als 1000 noch kinderlose Deutsche im Alter zwischen 25 und 45 Jahren befragt hat. Ja. Nein. Vielleicht. Angekreuzt werden musste zunächst eine Antwort auf die Frage aller Fragen: "Wollen Sie Kinder?" Überraschenderweise zählten mit 70 Prozent mehr Männer - von wegen "Zeugungsverweigerer" - zu den Ja-Sagern. Von den Frauen sehnen sich aber auch immerhin 61 Prozent nach einem Baby. Schwanger werden viele trotzdem nicht.

Es ist gerade dieses Wunsch-Denken, das Forscher für ein Problem halten. Viele junge Deutsche seien mittlerweile zu verkopft. Die Entscheidung für ein Baby werde zuweilen wie ein berufliches "Projekt" durchgeplant, zwecks Geburtstermin vor dem Partner erst einmal der Terminplan befragt. Noch in den 60er-Jahren sei die Familienplanung dagegen eine natürliche Entwicklung gewesen. In einer Zeit, in der Paare sich also in der Regel sehr bewusst und nach reiflicher Überlegung für ein Kind entscheiden, ist folgende Frage besonders interessant: "Stellen Sie sich vor, Sie wären plötzlich schwanger. Wie würden Sie reagieren?" Wer jetzt als Antwort "Schockstarre" vermutet, ist - um im Thema zu bleiben - schief gewickelt: Jede zweite Frau zwischen 25 und 34 Jahren wäre glücklich und geradezu dankbar, wenn das Schicksal ihr die Entscheidung über den richtigen Zeitpunkt abnähme.

Warum aber gehört Deutschland, wo seit drei Jahren das Elterngeld lockt oder zumindest locken soll, und wo sich zunehmend Unternehmen um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bemühen, nach wie vor zu den Staaten mit der niedrigsten Geburtenrate Europas? Liegt es an der "Generation Praktikum", die sich von einem unbezahlten Job zum nächsten hangelt? Oder an Egoismus und Hedonismus? Kurz: Weil durchtanzte Nächte weniger anstrengend sind als durchbrüllte? Es ist, wie so oft, von allem ein bisschen und von manchem ein bisschen mehr.

63 Prozent der Befragten wollen sich erst eine "solide finanzielle Basis" schaffen, ehe sie ein Kind bekommen. Gerade für Akademiker hat der Job Vorrang. Insgesamt empfinden 48 Prozent der Befragten ihren Beruf als Berufung und nicht etwa die Rolle als Eltern. Die traurig-romantische Erklärung: 44 Prozent der Befragten warten noch auf "Mr. Right" beziehungsweise auf die Traumfrau. Übrigens sind laut Studie mit 50 Prozent mehr Männer als Frauen (33 Prozent) auf der Suche. Demografen erklären sich dieses Ergebnis mit dem Männerüberschuss in der Generation bis 45 Jahre.

Bei den Jüngeren zwischen 25 und 29 Jahren sprechen vor allem die finanzielle Situation und die unsicheren Berufsaussichten gegen Nachwuchs. Dennoch ist es nicht allein der hart umkämpfte Arbeitsmarkt, der die Lust auf ein Baby hemmt. Mehr als 80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Gesellschaft Leistungen im Beruf höher bewertet als den Einsatz von Müttern und Vätern - auch wenn deren Fulltime-Job gern als "Familienmanager" umschrieben wird. Fast genauso viele (79 Prozent) geben an, dass das Leben doch auch schon ohne Kind anstrengend genug sei. 74 Prozent wollen schlicht ihren Lebensstil nicht ändern, nicht auf weite Reisen oder spontane Theaterabende verzichten. Sie haben zudem Sorge vor dem "Perfektionsdruck", der heute auf Eltern laste.

Immerhin ein Fünftel der Befragten (22 Prozent) steht offen dazu, keine Kinder zu wollen. In der Gruppe der 25- bis 35-Jährigen geben sogar 92 Prozent an, mit dem kinderlosen Leben zufrieden zu seien. Und, würden sich die Befragten, die keine Kinder wollen, umstimmen lassen? Bei 34 Prozent dieser Gruppe besteht keine Chance auf Meinungsänderung. Ein weiteres Drittel würde sich umstimmen lassen, gäbe es eine finanzielle Sicherheit.

Auffallend: Im Osten ist der Kinderwunsch stärker ausgeprägt. Ersehnen sich dort 48 Prozent der jungen Erwachsenen Nachwuchs, sind es im Westen nur 38 Prozent. Doch deshalb kommen in den neuen Bundesländern nicht mehr Kinder auf die Welt. "Es gibt nach wie vor die Schwierigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, die noch immer nicht optimalen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und das insgesamt wenig kinderfreundliche Klima", sagt Forsa-Geschäftsführer Prof. Manfred Güllner.

Bis sich das Klima gebessert hat, träumen viele junge Paare weiter - am liebsten von einem Kind.