Die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder erwartet ihr erstes Kind, und damit steht ihre Familienpolitik auf dem Prüfstand.

Berlin. Es war die Nachricht des Tages: Kristina Schröder, 33, ist schwanger. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird eine Bundesministerin während ihrer Amtszeit ein Kind zur Welt bringen.

Was für ein Quantensprung, ist man versucht zu sagen. Kaum sind 62 Jahre parlamentarischer Demokratie vorbei, und schon ist so etwas möglich! Aber mit Ironie wird man der Sache natürlich nicht gerecht. Denn immerhin handelt es sich bei Schröder um die Bundesfamilienministerin, und damit steht gewissermaßen die komplette Familienpolitik der vergangenen fünf Jahre auf dem Prüfstand. An diesem Fall wird die Öffentlichkeit durchdeklinieren, wie es mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Deutschland denn nun wirklich steht. Und sie wird genau hinschauen, wie die Ministerin mit modernen Errungenschaften wie Elterngeld und Erziehungszeiten umgeht. Ab sofort befindet sich die CDU-Ministerin also in einer Art Selbsttest.

Kristina Schröder hat wissen lassen, dass sie "selbstverständlich" während der gesetzlichen Mutterschutzzeiten zu Hause bleiben, ihre Aufgaben in dieser Zeit aber ebenso selbstverständlich so weit wie möglich wahrnehmen wolle. Das war ein Hinweis darauf, dass die Ministerin auf die ihr zustehenden Erziehungsmonate verzichten wird . Wie das wohl bei den Frauen ankommt, denen die Politik immer wieder erzählt, dass Erziehungszeiten keinen Karriereknick verursachen? Andere Frauen werden sie vielleicht gerade deshalb für besonders tough halten.

Zumal gerade erst eine Studie wieder gezeigt hat, dass Deutschland bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen (nur zwei Prozent aller Vorstände in Unternehmen) weit hinter anderen Ländern zurückliegt (Schweden 17 Prozent, USA 14, Russland elf).

Auch was Schwangerschaften in der politischen Elite angeht, haben Nachbarländer bereits Erfahrung. Carme Chacón war im siebten Monat, als sie im April 2008 als Verteidigungsministerin ins spanische Kabinett von José Luis Zapatero eintrat. Hochschwanger brach die Katalanin zu Truppenbesuchen in Afghanistan, dem Libanon und Bosnien auf, und als "Mama-Ministra" endlich zur Entbindung ins Krankenhaus fuhr, war in einer Tageszeitung entzückt von der "Geburt der Regierung" die Rede.

Ganz so euphorisch fühlte sich die Sache für Birgitta Ohlsson offenbar nicht an. Die Schwedin, die ihren Posten als EU-Kommissarin im Februar 2010 ebenfalls schwanger angetreten hatte, erklärte in der Debatte um die Verlängerung der Mutterschutzzeiten, das sei zwar im Prinzip ein Schritt in die richtige Richtung, andererseits sei es nicht akzeptabel, dass Frauen gezwungen würden, nach der Geburt sechs Wochen lang zu Hause zu bleiben. "Das", so Ohlsson scharf, "kann Frauen daran hindern, Machtpositionen zu erobern!"

Und dann wäre da noch Yuko Obuchi, die Ministerin, die in Japan für die Bekämpfung der sinkenden Geburtenrate zuständig ist und 2009 vorbildlicherweise selbst ein Kind zur Welt brachte. Oder Frankreichs Ex-Justizministerin Rachida Dati, die zwar fünf Tage nach der Geburt ihrer Tochter Zohra wieder am Kabinettstisch saß, aber ein paar Monate später das Handtuch warf.

Das wird Kristina Schröder garantiert nicht passieren. Sie ist nicht nur eine Ministerin im Selbsttest, sondern in gewisser Weise auch das Prestigeprojekt des zweiten Kabinetts Merkel. Denn Schröder ist seit einem knappen Jahr mit dem Pinneberger CDU-Bundestagsabgeordneten Ole Schröder verheiratet, der zugleich auch als parlamentarischer Staatssekretär tätig ist. Beide gehören damit zu der Gruppe von hoch qualifizierten und hoch dotierten Paaren, denen der Staat dabei helfen will, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Was nun zu beweisen wäre.