“Of Thee I Sing“: Präsident Barack Obama erklärt Amerikas Geschichte und seine Helden - mit einem Kinderbuch für seine Töchter.

"Habe ich euch jüngst gesagt, wie wundervoll ihr seid?/ Wie der Klang eurer Füße/ die von weither kommen/ Rhythmus in meinen Tag bringt?/ Wie ihr lacht/ Und Sonnenschein füllt den Raum?" Diese Liebeserklärung Barack Obamas, 49, an seine Töchter Malia, 12, und Sasha, 9, stammt aus dem Jahr 2006, als er US-Senator von Illinois und sie kleine verspielte, sorglose Mädchen waren, für die das Weiße Haus so fern lag wie Hogwarts oder der Mond.

Als gestern das Kinderbuch "Of Thee I Sing: A Letter to My Daughters" ("Von dir singe ich: Ein Brief an meine Töchter") erschien, mochte es Malia und Sasha erscheinen wie eine Sammlung ihrer Babyfotos. Denn die Töchter des US-Präsidenten sind der Kleinkindwelt entwachsen wie Barack Obama selbst der Geborgenheit von Chicago.

Obama, der Verfassungsrechtler, Senator und aufstrebende Star der Demokraten hatte mit dem Verlag Random House einen Vertrag über 1,9 Millionen Dollar für drei Bücher ausgehandelt. Nach "Dreams from my Father" (1995) und "The Audacity of Hope" (2006) lieferte er jetzt ein Kinderbuch, das in seinen Mädchen Eigenschaften von 13 amerikanischen Heldenfiguren entdeckt. Oder sie ihnen andichtet, wie das jeder Vater können sollte.

In einem Vorleseton, der für Dreijährige verträglich ist, stellt Obama jedem Vers eine rhetorische Frage voran: "Habe ich euch gesagt, dass ihr kreativ seid?", führt eingangs zu der Malerin Georgia O'Keefe, vor deren Hommages für die Wüsten des amerikanischen Südwestens sich Obama verneigt: "Sie lehrte uns, große Schönheit im Kleinen zu sehen:/ In der Härte von Stein und der Weichheit von Federn." Auf die zweite Frage: "Habe ich euch gesagt, dass ihr klug seid?", tritt Albert Einstein windzerzaust unter einen Sternenhimmel, "die Welt verwandelnd, mit Energie und Licht". Illustrationen von Loren Long machen dem Autor alle Ehre.

Selbst für einen Mann mit dem Selbstbewusstsein Obamas wäre es zu vermessen, seinen Töchtern allein das Erbe von Amerikas Besten anzudienen. "Of Thee I Sing" versammelt Kinder ("Habe ich euch gesagt, dass Amerika aus Menschen aller Art besteht?) aller Rassen, Religionen, Begabungen, "um uns den Mut zu geben, einander aufzurichten/Und den Kampf weiterzuführen/auf all das aufzubauen, was gut ist in unserer Nation." Die Kinder stehen am Ende wie beim Klassenfoto, manche mit Baseballschläger, Indianerfeder, Malzeug, Buch, Gitarre. Die Zukunft Amerikas, angetreten zur Hommage für die Helden, um selbst Helden zu sein.

Ihre Auswahl ist heikel. Obama achtet auf Proporz. Wenngleich er riskiert, die größte Minderheit der USA, die Latinos, von nur einem Helden vertreten zu lassen. Cesar Chaves, einst Führer der mexikanischen Landarbeiter in den USA, steht mit geballter Faust in einem Maisfeld auf einer Leiter und schenkt Obama seinen Slogan: "Sí se puede!", sagte Cesar. "Yes you can!".

Auch Amerikas Ureinwohner sind nur von dem Häuptling und Sioux-Medizinmann ("Habe ich euch gesagt, dass ihr Heiler seid?") Sitting Bull repräsentiert; Amerikaner asiatischer Herkunft durch Maya Lin, der Schöpferin des Vietnam-Denkmals. Die Schwarzen werden auf Kirche/Politik, Jazz und Sport verteilt: Martin Luther King, Billie Holiday und der Baseball-Pionier Jackie Robinson werden kindgerecht gerühmt. Weiße bieten zwei Präsidenten (Washington und Lincoln) auf, O'Keefe, Einstein, Helen Keller, Jane Addams und Neil Armstrong. Obamas Geschichtsstunde ist getragen von Ernst und Liebe zu Kindern und Vaterland. Leichtes, Lustiges, Mitreißendes fehlt. Wie meist in seiner Präsidentschaft.