Weltpremiere in London, Zeit für eine Bilanz: Ein Blick auf das “Harry Potter“-Universum zum Finale der erfolgreichsten Filmserie aller Zeiten.

London. Als die Bücher um Harry Potter berühmt wurden, hieß es schnell, jetzt sei Brille tragen nicht mehr uncool, wenn ein bebrillter, schüchterner Elfjähriger Held der halben Weltbevölkerung ist. Nicht nur bebrillte Elfjährige waren dankbar. Jedenfalls strahlte die Welt der Zauberer weit in die Welt der normalen Menschen. 1997 begonnen, hat sich Harrys Ruhm seither rund um den Globus verbreitet, heute ist in London Weltpremiere des ersten Films (von zwei) nach dem letzten Buch, "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" (Filmstart in Deutschland 17.11.). Zeit für eine Bilanz. Man muss sich auch verabschieden können.

Das geht dahin

J. K. Rowling: Ihre Verdienste sind gewaltig. Sie hat die Romane für alle Altersklassen durchgesetzt, das Internet fürs Buch-Marketing genutzt, einen Kosmos kreiert und trotzdem die Oberhand behalten. So wurde sie zur reichsten Frau Großbritanniens neben der Queen. Aber mit Potter ist Schluss. Sie erscheint nun wie ihre eigene Nachlassverwalterin. Sie bekommt Doktorhüte und tritt bei Charity-Events auf. Was immer Rowling machen wird: Die Autorin muss großenteils in Vergessenheit geraten, das ist ihre historische Größe.

Der Zauberer: Potter-Verächter haben es schon immer gewusst. Alte Männer mit langen weißen Haaren, die in der Luft herumfuchteln, wirken albern. Ebenso die schwarzen Spitzhüte der Hexen. Hinweg. Hinfort. Der Magier als Held hat ausgedient. Alles Fantasyquatsch für Krisengebeutelte. Heute gehen Optimismus und Hoffnung um. Dumbledore, McGonagall, Potter und seine Freunde, auch Gandalf der Graue, sie alle haben vorerst ausgedient.

Rupert Grint: Ihm ist nicht zu helfen. Der 22-Jährige bleibt an der Rolle von Harrys bestem Freund Ronald Weasley hängen. Sein Hundeblick nervt. Die Tumbheit. Der Schluffi-Gang. Unwahrscheinlich, dass schauspielerische Qualitäten ihn zu neuen Aufgaben führen. Zuletzt erklärt Grint, er wolle neue Sachen ausprobieren. Zudem sei er nun bereit für die Liebe. Naja.

Das bleibt

Internat: Dank Schloss Hogwarts hat der Internatsaufenthalt bei Schülern seinen Schrecken weitgehend verloren. Auch in Deutschland. Hierzulande waren Internate nie wohlgelitten. Nun träumt eine neue Generation von einer Schule, wo die Eltern fern sind und die Gemeinschaft groß. Die Erziehungsanstalt passt in die aktuelle Bildungsdebatte als ultimativer Karrierebeschleuniger. Hier werden Netzwerke gebildet und künftige Bürger geformt. Zu Schloss Hogwarts sei allerdings erwähnt, dass es dort saukalt sein muss. Nie ist von Heizungen die Rede, allenfalls von Feuern in Kaminen. Ist Hexerei im Spiel? Frieren Briten weniger? Internatszöglinge, seid gewarnt.

Severus Snape: Der geniale Trick war, einen Lehrer zu präsentieren, den jedes Kind aus der Schule kennt, den unangenehmen, fiesen, ungerechten Pauker, der seine erklärten Lieblinge hat. Snape in seinem Geltungsdrang nervte Harry und seine Freunde, und Alan Rickman gibt ihm in den Filmen enormen Ausdruck. Ausgerechnet dieses Hasssubjekt schwingt sich zum geheimen Helden auf, zur großen tragischen Figur des Zyklus, zum echten Literaturwesen. Snape wahrt sein Geheimnis. Er ist ein Guter. Ein lebenslanger Doppelagent voller Schuldgefühle und Liebe. Jeder Schüler kann in seinem Problem-Lehrer einen Snape entdecken.

Emma Watson: Das It-Girl. Die beste Schauspielerin des Potter-Trios. Das Modevorbild. Die Klügste. Die begeisterte Studentin. Spätestens im dritten "Potter"-Film (dem besten überhaupt) war klar, dass Watson die zwei Jungs an die Wand drängt. Mit stilsicheren Auftritten, als Covergirl von Burberry, in Interviews hat sie gezeigt, dass es für sie mehr gibt als "Harry Potter". Direkt nach Ende der letzten Dreharbeiten ließ die 20-Jährige sich die Haare kurz schneiden und traf sich mit Rockmusikern. Wir werden noch von ihr hören.