Nach dem HIV-Prozess um Ex-No-Angel Nadja Benaissa hat die Sängerin auf der Buchmesse ihre „sehr unglückliche“ Zeit bei der Band angesprochen.

Frankfurt/Main. Nach ihrem spektakulären Gerichtsprozess ist Ex-No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa auf der Frankfurter Buchmesse wieder freiwillig an die Öffentlichkeit getreten. Die HIV-positive Musikerin stellte am Wochenende ihre Biografie („Alles wird gut“) vor. Einige Fans belagerten den Verlagsstand schon vier Stunden vor Benaissas Autogrammstunde. Ihre Zeit bei den No Angels nennt die 28- Jährige im Interview eine „sehr unglückliche“. Kontakt zu den Ex-Kolleginnen habe sie derzeit nicht.

Wie geht es Ihnen?

Benaissa: „Danke, mir geht es gut. Mein Leben ist noch fernab von Normalität, aber es ist doch eine gewisse Last abgefallen. Es ist Ruhe eingekehrt. In erster Linie, weil der Prozess jetzt vorbei ist. Aber auch, weil ich viele Veränderungen vorgenommen habe, die mir die Freiheit geben, mein Leben so zu bestimmen, wie ich es möchte.“

Man könnte meinen, Sie hätten vorerst genug von Medientrubel und Öffentlichkeit. Wieso nun dieses Buch, das wieder Aufsehen erregt?

Benaissa: „Erster Impuls war, dass ich gern meine Geschichte erzählen wollte, weil sehr, sehr viele Spekulationen und Gerüchte über mich gestreut wurden. Dabei wurde ich oft reduziert auf ein ganz komisches Bild Frau. Ganz wichtig war mir auch das Thema Aufklärung, dass man mal aus der Perspektive einer HIV-positiven Frau und Mutter – mit Schwangerschaft, Geburt und allem Drum und Dran – einen Einblick gibt. Die breite Masse ist da leider noch sehr unaufgeklärt."

Sie sagen zwar, Sie seien dankbar für die Zeit mit den No Angels. Aber dem „Stern“ sagten Sie zuletzt: „Ich machte Musik, die ich nicht mochte, und trug Klamotten, die ich hasste, und lebte ein Leben, das nicht meins war.“ Es war also keine schöne Zeit für Sie?

Benaissa: „Es war einfach so viel Arbeit, dass man keine Zeit für ein Privatleben hatte, man konnte keine freien Entscheidungen mehr treffen, weil man auch die Verantwortung für die anderen mit hatte. Wenn's einem nicht gut geht oder die Tochter Geburtstag hat, dann kann man nicht sagen: „Nee, Leute, können wird das nicht irgendwie verschieben?“ Ich bin sehr unglücklich gewesen in der Zeit."

Sie sagen, Sie hätten vor dem Prozess eine Kündigung vom Management der No Angels bekommen. Haben Sie noch Kontakt zu den anderen drei?

Benaissa: „Der Kontakt ist leider schon länger abgebrochen, als ich mich habe krankschreiben lassen vor unserer letzten Tour. Ich war total kaputt und hatte nach Infusionen und einem Arztbesuch nur eine E-Mail an die Band rausgeschickt – und das ist ein bisschen falsch rübergekommen. Dann kam von jedem noch höflich „Gute Besserung„ zurück, aber sie fanden es wohl doof, dass ich sie hängen lasse. Aber für die No Angels ist es besser ohne mich: Es war auch eine starke Überforderung für sie, immer nur mit diesem schweren Thema in der Öffentlichkeit zu stehen und nicht mehr nur als Popgruppe. Ich hoffe, dass wir uns privat mal ausquatschen und einen Kaffee trinken.“

Was sind Ihre Pläne für die nächsten Zeit?

Benaissa: „Ich ziehe jetzt erst mal nach Berlin, und dann bin ich ab Ende Oktober im Studio und nehme ein Rio-Reiser-Cover-Album auf. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen, ich mach' das so, wie ich mich fühle und nicht auf Zeitdruck. Ich werde jetzt die nächsten sechs Monate nur für mich und meine Tochter leben und mich zurückziehen. Und dann würde ich gern wieder als Sängerin wahrgenommen werden.“

Wie begegnen Ihnen die Leute auf der Straße?

Benaissa: „Ich werde ganz gut aufgenommen im alltäglichen Leben – zu 80 Prozent, würde ich sagen. Nach meiner Wahrnehmung sind die meisten Menschen einfach respekt- und anstandsvoll.“