Sein Wechsel zu Sat.1 trifft die ARD unvorbereitet, löst dort aber unverhofft ein Problem

Hamburg. Seit gestern 14 Uhr ist das Erste eine Sorge bei der Neuordnung seines Abendprogramms los. Glückwünsche wären aber unangebracht. Denn nun hat die ARD ein massives Imageproblem am Hals: Harald Schmidt wird den Senderverbund zum September 2011 verlassen und zurück zu Sat.1 gehen. Dort bekommt er eine einstündige Late-Night-Show, die zweimal die Woche jeweils um 23.15 Uhr laufen wird. Schmidt hat bei Sat.1, wo er bereits von 1995 bis 2003 wirkte, einen Zweijahresvertrag unterschrieben.

Die für sie unschöne Nachricht ereilte die ARD-Intendanten auf einer gemeinsamen Sitzung bei der Deutschen Welle in Bonn. Dort berieten sie zusammen mit ARD-Programmdirektor Volker Herres über die Neuordnung des Abendprogramms des Ersten. Hier besteht massiver Handlungsbedarf: Da Günther Jauch im Herbst 2011 auf dem Sendeplatz, den bisher Anne Will belegt, eine neue Sonntagstalkshow bekommt, muss für sie Ersatz gefunden werden. Dass ab kommendem Jahr die "Tagesthemen" immer um 22.30 Uhr beginnen sollen, macht die Sache nicht einfacher.

Zuletzt war spekuliert worden, Anne Will könne künftig donnerstags auf dem Sendeplatz von Harald Schmidt senden. Doch wohin mit dessen Late-Night-Show? Die ARD behandelte diese Frage ebenso wie Schmidt seine letzten Sendungen vor der Sommerpause moderierte: ausgesprochen lustlos. Ende Juli wurde offenbar kurz erwogen, ihm den vor sich hindümpelnden "Satire Gipfel" anzuvertrauen, den noch Mathias Richling moderiert. Ein ernsthafter Beitrag zur Problemlösung war dies aber nicht: Auch der "Satire Gipfel" läuft am Donnerstagabend.

Sprach man den ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust auf Schmidts Zukunft im Ersten an, bekam man eine Antwort, aus der sich nur sehr bedingt Wertschätzung und Respekt ablesen ließen: "Comedy und Satire werden auch weiterhin einen Platz im Programm haben", sagte er im Juni dem "Spiegel". "An welcher Stelle, in welcher Form und mit welchen Köpfen, schauen wir uns an. Natürlich reden wir auch mit Harald Schmidt über unsere und seine Vorstellungen. Uns geht es zuerst ums Konzept und dann um die Person, mit der wir das umsetzen. Wenn etwas nicht funktioniert, gehen wir vor wie der Bundestrainer und besetzen um."

Offenbar glaubte man bei der ARD, Schmidt wolle künftig nur noch Theater spielen und plante deswegen halbherzig mit ihm. Dass der Moderator einfach den Sender wechseln könnte, zog man beim Ersten wohl nicht in Betracht. Eine fatale Fehleinschätzung, denn der TV-Vorstand der ProSieben Sat.1 Media AG, Andreas Bartl, und der frühere Sat.1-Chef Fred Kogel, Schmidts Partner in der gemeinsamen Produktionsfirma Kogel & Schmidt, hatten schon vor längerer Zeit einen Wechsel unverbindlich durchgespielt.

Dann ging plötzlich alles sehr schnell. Erzürnten Schmidt die "Satire Gipfel"-Planspiele der ARD, von denen er erst aus der Zeitung erfahren haben soll? Jedenfalls traf die Ankündigung seines Wechsels zu Sat.1 das Erste völlig unvorbereitet. Es vergingen anderthalb Stunden, bis ARD-Programmdirektor Herres eine eigene Presseerklärung verschickte, in der er Schmidts Entscheidung bedauerte. In den nächsten Wochen habe er mit ihm über eine Verlängerung seines im Sommer 2011 auslaufenden Vertrags sprechen wollen. Dazu kommt es nun nicht mehr.

Der Moderator aber freute sich: "Ablösefrei zum Champions-League-Sender - ein Traum! Jetzt will ich auch Kapitän werden!" Er will es noch einmal wissen: Die Sendung soll so werden wie einst - mit tagesaktuellen Scherzen, Studioaktionen und Gästen. Helmut Zerlett wird Schmidt zu Sat.1 mitnehmen. Was aus seinen diversen kabarettistischen Hilfskräften wird, von Katrin Bauerfeind bis Pete Richter, die er sich bei der ARD zulegte, ist noch unklar.

Bei Sat.1 wird Schmidt auf einen alten Bekannten aus gemeinsamen ARD-Zeiten treffen: Oliver Pocher sollte dort eine Late-Night-Show am Freitag etablieren. Das ist ihm bisher eher schlecht als recht gelungen. Hat sich mit Schmidts Rückkehr das Thema Pocher bei Sat.1 erledigt? Eine Sat.1-Sprecherin bestreitet das. Aber wie der Zufall so will: Pochers Vertrag läuft im Sommer 2011 aus.