Bruch einer Staumauer hat die Lage verschärft und es wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Insgesamt sind acht Tote im Dreiländereck zu beklagen.

Chemnitz. Nach schweren Überschwemmungen und dem Bruch einer Staumauer in Polen hat sich die Situation im sächsischen Hochwassergebiet am späten Samstagabend dramatisch zugespitzt. Erinnerungen an die Jahrhundertflut von 2002 werden wach. Im Landkreis Görlitz wurde Katastrophenalarm ausgelöst, der sächsische Innenminister Markus Ulbig sprach in den ARD-“Tagesthemen“ von einer „sehr ernsten Lage“. Es wurde mit Evakuierungen begonnen, Menschen wurden aufgefordert, sich in höhere Stockwerke zurückzuziehen. Kritisch war die Lage auch in Zittau. Im Dreiländereck zwischen Deutschland, Polen und Tschechien kamen mindestens acht Menschen ums Leben.

Für Sonntag wurde ein weiterer Anstieg der Pegelstände vorhergesagt. Im sächsischen Neukirchen wurden am Samstag beim Auspumpen eines Kellers die Leichen von zwei Männern und einer Frau gefunden, wie die Polizei in Chemnitz mitteilte. Sie hatten offenbar versucht, Waschmaschinen vor den eindringenden Fluten zu retten, und waren dabei ertrunken. In Tschechien ertranken vier Männer. Ein weiterer Hochwassertoter wurde in Polen gemeldet.

Bei den drei deutschen Opfern handelte es sich um einen 74-Jährigen, seine 72 Jahre alte Ehefrau und einen weiteren Mann im Alter von 63 Jahren – alle Bewohner des Hauses, in dessen Keller sie gefunden wurden. Nach ersten Ermittlungen kamen die drei bei dem Versuch ums Leben, Gegenstände aus dem von Hochwasser überfluteten Keller ihres Wohnhauses zu bergen. Die Polizei mahnte daher dringend zur Vorsicht angesichts der Wassermassen.

Im Landkreis Görlitz herrschte seit Sonnabendnachmittag, 16.00 Uhr, Katastrophenalarm. Der Sprecher des Innenministeriums, Frank Wend, sagte der Nachrichtenagentur DAPD, es sei das schlimmste Hochwasser in Sachsen seit über 100 Jahren. Mehrere Orte und Ortsteile würden wegen Überschwemmungen der Neiße und Mandau evakuiert. Betroffen waren rund 800 Menschen. In Zittau wurde ein Wohngebiet überschwemmt, so dass die Menschen dort eingeschlossen waren.

Innenminister Ulbig informierte sich vor Ort über den Einsatz von Polizei, Technischem Hilfswerk und Feuerwehr. Die Bundespolizei bot fünf Hubschrauber an. Diese werden nach Angaben des Ministeriumssprechers auch in Polen eingesetzt, um vom Wasser eingeschlossene Menschen zu retten. Ulbig sagte am späten Abend in der ARD, alle Behörden seien in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die Evakuierungsmaßnahmen liefen, weitere würden folgen.

Erheblich verschärft hatte sich die Lage nach dem Bruch einer Staumauer am polnischen Fluss Witka bei Radmeritz in der Nähe der deutschen Grenze. Die Wassermassen flossen auf das ohnehin belastete Gebiet rund um Görlitz in Sachsen zu.

Noch dramatischer stellte sich die Lage in Tschechien dar, wo mehr als 1.000 Menschen vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht werden mussten. In Chrastava an der Lausitzer Neiße und der am Nebenfluss Smeda gelegenen Ortschaft Frydlant wurden mehrere Einwohner mit Hubschraubern von den Dächern ihrer Häuser gerettet.

In der südpolnischen Stadt Bogatynia standen drei Viertel aller Straßen unter Wasser. In Sachsen waren am Samstag Straßen aufgrund des Hochwassers gesperrt, vorübergehend musste auch ein Teil der Autobahn 72 für den Verkehr geschlossen werden. Die Feuerwehr musste vielfach überflutete Keller auspumpen.

Die Regenmassen sorgten auch in Bayern für Probleme. Die heftigen Niederschläge brachte das aus Oberitalien über die Alpen gezogene Tief „Viola III“ mit. Im Raum München fielen schon am Donnerstag zum Teil über 90 Liter pro Quadratmeter, bis Samstagmorgen kamen noch bis zu 63 Liter dazu. Der Dauerregen brachte sogar den Starnberger See zum Überlaufen, wie die Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach berichtete.

Am Sonntag sollte sich der Dauerregen nach Osten verziehen. Die Pegel der Elbe in Tschechien, Sachsen und Sachsen-Anhalt dürften laut einer Mitteilung der Hochwasservorhersagezentrale in Magdeburg deshalb weiter steigen. Zu Beginn der Woche sei in Sachsen-Anhalt mit Ausrufung der Alarmstufe 1 zu rechnen, erklärte die Hochwasservorsorgezentrale.