Aus Neid auf Reiche soll ein Arbeitsloser in Berlin 102 Autos angezündet haben. Der Mann war verschuldet und wollte sich so Geltung verschaffen.

Berlin. Mit einem ausführlichen Geständnis des Angeklagten hat am Freitag vor dem Landgericht Berlin der Prozess wegen mehr als 100 Autobrandstiftungen begonnen. Er sei "frustriert" über die eigene Lebenssituation und "neidisch" gewesen, begründete der 28-Jährige die Brandanschläge. Er bat die Betroffenen, aber auch die Öffentlichkeit "nachhaltig und ernsthaft um Vergebung". Heute sei ihm klar, dass er damit in der Stadt "Angst und Schrecken" verbreitet habe.

Der damals arbeitslose Mann soll zwischen Juni und August vergangenen Jahres in 102 Fällen vorwiegend hochwertige Fahrzeuge, meist in Moabit und Westend, in Brand gesteckt oder durch übergreifende Feuer beschädigt haben. Bei den Anschlägen hatte der gelernte Maler und Lackierer jeweils Grillkohleanzünder verwendet, die er auf Reifen legte und anzündete. Die Fahrzeuge sollen durch das Feuer beschädigt oder gänzlich zerstört worden sein.

Zu Prozessbeginn zeigte sich der Angeklagte einsichtig. Er wisse, dass ein Anzünden eines Fahrzeugs der gehobenen Klasse "nicht das Auseinanderklaffen der sozialen Schiene verhindert", die Eigentümer "in aller Regel hart arbeiten müssen" und "wohl kaum etwas" für seine Lebenssituation konnten. Ein Fernsehbeitrag über einen Autobrandstifter hatte ihm eigenen Angaben zufolge die Anleitung für seine Zündelei geliefert.

Laut Staatsanwaltschaft hatte er bei den nächtlichen Streifzügen teilweise mehrmals hintereinander und oft in ihm bekannten Gegenden gezündelt. So soll er die ersten fünf Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung in Moabit in Brand gesteckt haben. Bei der ersten Tat schlich er sich eigenen Angaben zufolge nachts aus der Wohnung, in der seine kranke Mutter und die Schwester schliefen und "ging gleich um die Ecke". Anfangs sei es ihm noch wichtig gewesen, sich "verbergen" zu können, erklärte der Angeklagte. Erst später habe er die Autos nach den Marken ausgesucht.

Laut Anklage waren bei den Brandanschlägen auch Menschenleben gefährdet, da die Flammen drohten, auf benachbarte Wohnhäuser überzugreifen. In einem Fall soll der Dachstuhl eines Einfamilienhauses in Neukölln abgebrannt sein, in einem anderen musste eine Seniorenresidenz in Charlottenburg geräumt werden. In der Erklärung des Verteidigers hieß es, dass der Angeklagte deswegen noch immer ein "schlechtes Gewissen" habe. Er habe mit dem "fürchterlichen Treiben erst aufhören" können, als er bei einer Cateringfirma "wieder in Lohn und Brot war".

Hinsichtlich seines Motivs bestätigte der 28-Jährige, dass seine eigene Situation damals "besser zu ertragen war, wenn er anderen Schaden zufügte". Gewalt gegen Menschen habe er aber abgelehnt. Insofern seien ihm die Autos zum "Frustabbau gerade recht gewesen", hieß es. Der Mann sitzt seit 21. Oktober in Untersuchungshaft. Bereits gegenüber der Polizei hatte er die Brandanschläge eingeräumt und die Ermittler zu den Tatorten begleitet. Der Prozess wird am Dienstag (13. März) fortgesetzt.