Erst Feuer und Panik, dann Hitze und Gestank: Nach drei Tagen Ungewissheit sind die Passagiere der “Costa Allegra“ endlich an seychellischem Land.

Victoria/Hamburg. Der Applaus war verhalten. Nur wenige der 636 Passagiere der havarierten "Costa Allegra" klatschten, als das Kreuzfahrtschiff gestern um 6.30 Uhr (MEZ) im Hafen von Victoria anlegte . Müde und erschöpft, aber glücklich gingen sie von Bord. Manche hatten Handtücher um den Kopf gewickelt, andere fächelten sich mit Sonnenhüten ununterbrochen Luft zu. Alle hatten nur einen Wunsch - unter die Dusche. Und eine warme Mahlzeit. Das einheimische Rote Kreuz war mit Zelten vor Ort, um Hilfsbedürftige zu versorgen. Einige Passagiere sollen Arm- und Beinbrüche erlitten haben. Busse standen bereit und brachten die Reisenden in Hotels. Die Reederei bot ihnen an, dass sie den Urlaub auf den Seychellen fortsetzen könnten, 376 nahmen das Angebot an. Viele wollten allerdings nach Hause fliegen, unter ihnen 15 von 38 Deutschen.

+++ 15 deutsche Passagiere wollen sofort nach Hause +++

Drei Tage war das Schiff nach einem Brand im Maschinenraum manövrierunfähig im Indischen Ozean unterwegs gewesen, im Schlepptau des französischen Fischtrawlers "Trevignon". Statt der maximal 19 Knoten, die das 188 Meter lange Schiff normalerweise schafft, waren es nur noch fünf bis sechs Knoten. Eine Zeit, die die Reisenden auf eine harte Probe stellte. Bei tropischen Temperaturen mussten sie ohne Strom auf dem Deck ausharren. Ständig in Angst vor Piratenüberfällen. In den stickigen Kabinen war es wegen der Hitze nicht zum Aushalten, geschlafen wurde unter freiem Himmel.

Außerdem waren die Toiletten übergelaufen, es stank. "Wir haben alle quasi im Schwimmbad gelebt", sagte Franz Mayer aus der Nähe von Koblenz. Der Pool sei ständig voll gewesen. Aber die 413 Besatzungsmitglieder haben sich vorbildlich verhalten: "Die Crew war großartig. Sie hat alles versucht, das Bestmögliche zu tun, um es uns so angenehm wie möglich zu machen", lobte ein anderer Deutscher. Zu essen gab es ausschließlich kalte Küche. Sebastian Veit aus Schwäbisch Gmünd: "Morgens Sandwich, mittags Sandwich, abends Sandwich, da hat man irgendwann genug." Aber immerhin habe es nie an Lebensmitteln und Trinkwasser gemangelt. Doch alle waren froh, heil davongekommen zu sein: "Es hätte katastrophal werden können. Aber wir sind hier, wir sind am Leben", freute sich der Amerikaner Gordon Bradwell.

Die Erinnerungen an den Augenblick, als am Montag mitten auf dem Indischen Ozean das Feuer ausbrach, sind bei den Passagieren noch frisch. Während des Brandes wurden die Rettungsboote heruntergelassen, einige Gäste gerieten in Panik. Franz Mayer und seine Frau fühlten sich an den Katastrophenfilm "Titanic" erinnert: "Wir waren alle schon bereit, in die Rettungsboote zu gehen. Die Sache war relativ perspektivlos." Und schließlich hatten alle noch die Bilder der im Januar vor der toskanischen Küste havarierten "Costa Concordia" vor Augen - eine Katastrophe, die mindestens 25 Menschen das Leben gekostet hat.

Doch die Lage beruhigte sich rasch, als das Feuer gelöscht wurde. Das "dynamisch-mitreißende Urlaubserlebnis", das die italienische Reederei Costa Crociere versprochen hatte, war allerdings gründlich danebengegangen.

Unterdessen hat Joel Morgan, Transportminister der Inselgruppe, die Dauer des Abschleppens kritisiert. Die Reederei habe die Hilfe von zwei Schleppbooten von den Seychellen abgelehnt, sagte er der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Stattdessen zog die "Trevignon" das havarierte Schiff in den Hafen auf die Hauptinsel Mahé. Damit habe sich der Aufenthalt der Passagiere an Bord um zehn bis zwölf Stunden verlängert, sagte der Minister. "Wir sind mit der Situation ganz und gar nicht zufrieden." Auch der gute Ruf der Seychellen stehe auf dem Spiel.

Die Reederei konterte: Der Einsatz des französischen Schiffes sollte sicherstellen, dass die Passagiere eine möglichst reibungslose Fahrt haben.