Der Rücktritt des ersten frei gewählten Präsidenten ist ein Rückschlag für die Demokratisierung der Malediven. Deutsche Urlauber nicht in Gefahr.

Hamburg. Weiße Sandstrände, kristallklares Meer, faszinierende Unterwasserwelten, luxuriöse Resorts und einsame Buchten - die Malediven sind ein Traumziel für Touristen. Jedes Jahr reisen fast eine Million Menschen, darunter gut 80.000 Deutsche, auf die Inselkette im Indischen Ozean. Stars wie Tom Cruise und Katie Holmes oder auch Russell Brand und Katy Perry verbrachten hier ihre Flitterwochen. Und seit einigen Jahren gab es Anzeichen dafür, dass der jahrzehntelang autoritär regierte muslimische Staat sich auch politisch stärker öffnet.

Doch die Sehnsucht vieler nach einer Demokratisierung hat gestern einen herben Rückschlag erlitten: Mohamed Nasheed, seit 2008 der erste frei gewählte Präsident der Malediven, trat nach einem erbitterten Machtkampf mit seinem Vorgänger zurück. Zuvor waren wochenlange Proteste der Opposition in eine offene Meuterei der Polizei umgeschlagen, Teile der Sicherheitskräfte stellten sich auf die Seite der Demonstranten. Gegen sie ging das Militär mit Tränengas und Gummigeschossen vor. Die etwa 5000 deutschen Urlauber - derzeit ist Hochsaison - dürften von dem Umsturz im Inselparadies nur wenig mitbekommen haben. Proteste gegen den Präsidenten gab es nur auf der Hauptinsel Male. Die deutschen Reisekonzerne wollen ihre Gäste weder zurückholen noch weitere Reisen absagen.

"Wir haben keine Reisende, die betroffen sind", sagte eine Sprecherin von TUI Deutschland. Nur die wenigsten der 850 Urlauber, die zurzeit mit TUI auf den Malediven seien, bekämen die Hauptinsel jemals zu Gesicht. So gut wie alle Urlauber reisten vom Flughafen, der nicht auf Male liege, direkt weiter in ihr Resort. Entwarnung gab auch der Reiseveranstalter Thomas Cook, mit dem derzeit 900 Deutsche auf den Malediven Urlaub machen. Allein Ausflüge nach Male wurden abgesagt. Und auch das Auswärtige Amt riet von Besuchen der Hauptinsel ab. Das Tourismusministerium des Inselstaats versicherte, "dass die derzeitigen Probleme auf den Malediven keinerlei Auswirkung auf Touristen haben werden". Es habe ein paar Nachfragen von Menschen gegeben, die einen Besuch auf den Malediven planten, hieß es in einem der Hotels. Darüber hinaus sorgten sich die Urlauber aber nicht weiter über die Ereignisse.

Präsident Nasheed war ein Hoffnungsträger, der die volle Demokratisierung des Landes durchsetzen wollte. Er hatte im Herbst 2008 Maumoon Abdul Gayoom abgelöst, der die Inselkette 30 Jahre lang mit eiserner Hand regiert hatte. Mit eiserner Hand gegen den politischen Gegner vorgehen - genau das wollte Nasheed nicht. "Ich will nicht durch Gewalt an der Macht bleiben", sagte der Präsident in seiner Rücktrittsrede. Als neuer Staatschef wurde der bisherige Vizepräsident Mohammed Waheed Hassan vereidigt. Er soll bis zur Präsidentenwahl im November eine Regierung der nationalen Einheit führen. Die Oppositionsparteien sagten ihm kurz nach der Vereidigung ihre volle Unterstützung zu.

Große Veränderungen werden von Waheed nicht erwartet, erst recht keine Islamisierung des Urlaubslandes. Der neue Staats- und Regierungschef hat lange für die Vereinten Nationen gearbeitet, unter anderem als Leiter des Kinderhilfswerks Unicef in Kabul und in der Uno-Zentrale in New York. Er gilt als westlich geprägt.

Nasheeds Gegner - überwiegend Anhänger von Gayoom - hatten schon seit Langem mobilisiert und zuletzt auch islamistische Töne angeschlagen. Ihre Behauptungen, die Wellnessbereiche der Ferienresorts seien getarnte Bordelle, führte zum Jahreswechsel zu einer drastischen Reaktion des Präsidenten: Nasheed ließ die Wellnessangebote verbieten - mit potenziell schwerwiegenden Folgen für den Tourismus, der wichtigsten Einnahmequelle des Landes.

Das ging der Opposition dann doch zu weit: Schließlich gehören führenden Oppositionspolitikern ebenfalls Hotels, Gayoom hatte den Tourismus überhaupt erst auf die Malediven gebracht. Das Wellnessverbot wurde nach wenigen Tagen wieder aufgehoben. Im vergangenen Monat kam es dann zum Eklat, als ein umstrittener Richter festgenommen wurde. Er hatte zuvor einen Oppositionspolitiker, dem die Regierung Verleumdung vorwarf, aus der Haft entlassen. Die Krise eskalierte, die Proteste nahmen zu.