Drei Tage galt eine Gruppe von Bergsteigern als verschollen auf dem Gletscher. Die Lust am Berg ist auch nach der Rettung vorhanden.

Pforzheim. Mehrere Tage und Nächte mussten die vier Bergsteiger aus Baden-Württemberg und Bayern in einer selbst gegrabenen Schneehöhle und auf rund 3500 Metern Höhe ausharren – dann wurden sie buchstäblich in letzter Minute gerettet. „Wir wären nach einer weiteren Nacht nicht mehr in der Lage gewesen, die Höhle frei zu schaufeln“, erzählt Klaus Arnold, einer der Schneeschuh-Wanderer, am Donnerstag in Pforzheim. Am Dienstag war der Mann aus Tiefenbronn (Enzkreis) gemeinsam mit Pforzheims Baubürgermeister Alexander Uhlig und zwei Freunden weitgehend unverletzt von der Bergwacht im Eis entdeckt worden. „Wir wären sonst in der Höhle zugrunde gegangen“, sagte Arnold rückblickend.

CDU-Kommunalpolitiker Uhlig spricht von einer sachlichen Stimmung in der Schutzhöhle. „Zweifel, Ängste und Sorgen wurden gar nicht erst ausgebreitet“, erinnert er sich. „Das war der wesentliche stabilisierende Faktor.“

Mit dem plötzlichen Wetterumschwung kurz nach dem Gipfelerfolg am Großvenediger habe niemand gerechnet, sagt Arnold. „So einen schnellen und abrupten Wechsel habe ich noch nie erlebt, der Schneesturm hat uns alle überrascht.“Als klar wird, dass sich die Gruppe in der schlechten Sicht verlaufen hat, entscheiden die Männer, die Höhle zu graben. „Da war nichts mehr zu machen, selbst die Spuren meines Vorläufers wenige Meter voraus waren halb verweht“, erinnert sich Uhlig. „Es war eiskalt, der Wind pfiff, es schneite harte Eiskristalle.“

Die Entscheidung zum Griff nach den Schaufeln wird schnell getroffen. „Keine Minute hat das gedauert.“ Zweieinhalb Stunden später verkriechen sich die Männer in den Behelfsschutz. „Es wurde keiner nervös“, sagt Arnold. Sie seien ruhig und sachlich geblieben, es wurde nur wenig geredet. „Man darf nicht meinen, man wäre in solchen Situationen bis in die tiefste Verästelung miteinander verwoben“, sagt Uhlig. „Jeder hat sein Denken im Wesentlichen für sich behalten.“

Schichtweise versuchen die Bergsteiger zu schlafen. Das Proviant wird „brüderlich durch vier geteilt“, bis die Vorräte in der dritten Nacht aufgebraucht sind. „Diese dritte Nacht war die härteste, weil es nichts mehr zu Essen und zu Trinken gab“, erklärt Arnold. „Und uns haben die Gedanken gequält: Wenn das Wetter am nächsten Morgen noch schlecht ist, dann ist es vorbei.“ Nachts um 02.00 Uhr endlich der Hoffnungsschimmer: „Oh, ich seh' die Sterne“, ruft einer von ihnen beim Blick aus dem eiskalten Erdloch. Und Arnolds Stimme stockt leicht: „Das war wie ein Befreiungsschlag, das war erlösend. Denn da waren wir zu 99 Prozent sicher, dass sie am Morgen nach uns suchen werden.“

Drama hin oder her – Uhlig will auch künftig den Rucksack schultern und auf die Gipfel steigen. „Ich werde mit meiner Familie lange Gespräche führen“, sagt der passionierte Bergsteiger, der sich auch im Vorstand des Deutschen Alpen-Vereins in Pforzheim engagiert. „Aber meine Familie wird mir sicherlich keinen Riegel vorschieben.“