Mitgefühl mit den Opfern, keine Entlastung der Täter: Papst Benedikt schreibt über Missbrauch in Irland. Den Bischöfen wirft er Versagen vor.

Frankfurt/Main. Am Ende gab es kein „Mea Culpa“ des Vatikans und auch kein direktes Wort zu den jüngsten ruchbar geworden Missbrauchsfällen katholischer Geistlicher gerade auch in der deutschen Heimat des Papstes. Aber Benedikt XVI. fand in seinem am Samstag veröffentlichten Hirtenbrief „an die Katholiken in Irland“ Worte des Trostes für die dortigen Opfer eines sieben lange Jahrzehnte währenden Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in katholischen Heimen und Schulen im 20. Jahrhundert. Und er übte harte Kritik an den Tätern und einer zu lange wegsehenden irischen Kirchenführung.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, wertete dies als „schonungslose Analyse“ und klare Botschaft auch an Deutschland. Die päpstliche Kritik an den irischen Bischöfen sei auch eine Mahnung an die katholischen Bischöfe in Deutschland. Der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, Stephan Ackermann, erklärte: „Ich würde den Brief in seinem Stil als einfühlsam, klar und spirituell zugleich interpretieren.“

Elf Seiten umfasst das lange erwartete Schreiben. Benedikt seziert darin die von der irischen Kirche im vergangenen Jahr in einem 720 Seiten langen Untersuchungsbericht dokumentierten sexuellen Übergriffe und das Umfeld, das sie geschehen ließ. Die Opfer und ihre Familien bittet er ebenso wie „alle Gläubigen Irlands“, bei aller Empörung über begangene Verbrechen den Glauben nicht zu verlieren. „Ihr habt viel gelitten und ich bedaure das aufrecht“, schreibt Benedikt. „Euer Vertrauen wurde verraten und eure Würde wurde verletzt.“ Es sei verständlich, dass es schwer für die Opfer sei, der Kirche zu vergeben oder sich mit ihr zu versöhnen. „Im Namen der Kirche drücke ich offen die Schande und die Reue aus, die wir alle fühlen.“

Mit den Tätern geht Benedikt hart ins Gericht und fordert sie auf, sich zu ihren Taten öffentlich zu bekennen und „der Rechtsprechung zu unterwerfen“. Ackermann betont dazu, dass der Papst die Täter in keiner Weise entlastet. Und unmissverständlich klar äußere sich der Papst, wenn der den „Mitbrüdern im Bischofsamt“ Versagen vorwerfe. Die irischen Bischöfe hätten sich Fehlurteile und Leitungsfehler geleistet.

Auszüge aus dem Hirtenbrief des Papstes

In seiner von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichten Stellungnahme zum Hirtenbrief erklärt Ackermann, die grundsätzlichen Aussagen Benedikts gälten „auch für uns in Deutschland, ja weltweit“. Als solche zählt er auf: – die eindeutige Verurteilung sexuellen Missbrauchs als Verbrechen – die Aufforderung, Vergehen und Fehler offen einzugestehen – die Kritik an jeder falschen Sorge um den Ruf der Kirche und um die Vermeidung von Skandalen – keine Entlastung der Täter bei zugleich scharfer Kritik an deren Vorgesetzten – einen Appell, mit den staatlichen Behörden zu kooperieren und die Vorgaben der Justiz einzuhalten.

Vatikansprecher Federico Lombardi verteidigte auf einer Pressekonferenz, dass sich der Hirtenbrief nur an die irischen Katholiken richte. „Man kann nicht immer über die ganze Welt sprechen“, sagte er. „Man riskiert damit, banal zu werden.“ Wer die Bedeutung dieses Schreiben kleinreden wolle, dem hielt er entgegen: „Es hat niemals einen Brief wie diesen gegeben.“ Die Kirche übernehme damit die volle Verantwortung.