Vatikan weist Vorwürfe gegen den Papst als gezielte Kampagne zurück. Grüne und FDP wollen Untersuchungs- kommission.

Der Vatikan hat Vorwürfe gegen Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal der katholischen Kirche als gezielte Kampagne zurückgewiesen. Benedikt war in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising an der Entscheidung zur Versetzung eines pädophilen Priesters in sein Bistum beteiligt. Zudem wurden neue Vorwürfe zu Misshandlungen bei den Regensburger Domspatzen bekannt, die Papstbruder Georg Ratzinger leitete. In der politischen Debatte zu den Missbrauchsskandalen wird nun eine unabhängige Untersuchungskommission gefordert.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte am Sonnabend im Rundfunksender des Kirchenstaats, es habe in den vergangenen Tagen Versuche gegeben, Benedikt „mit einer gewissen aggressiven Beharrlichkeit“ in Missbrauchsfälle in Regensburg und München hineinzuziehen. „Für jeden objektiven Beobachter ist klar, dass diese Versuche gescheitert sind“, sagte Lombardi.

Die Münchner Erzdiözese hatte am Freitag bestätigt, dass sie einen wegen Kindesmissbrauchs aufgefallenen Priester in der Gemeindearbeit eingesetzt habe. Dort habe er sich erneut an Jugendlichen vergangen und sei dafür verurteilt worden. Benedikt soll 1980 dem Umzug des pädophilen Priesters nach München zugestimmt haben.

+++ DOSSIER ZUM AKTUELLEN THEMA +++

Bei den Regensburger Domspatzen sollen sexueller Missbrauch und Misshandlungen länger praktiziert worden sein als bisher bekannt. Laut „Spiegel“ kam es nach Aussagen Betroffener noch mindestens bis 1992 zu sexuellen Übergriffen. Bislang waren nur Fälle aus den 50er und 60er Jahren bekannt. Der Chorchef und Papstbruder Georg Ratzinger wurde dem Bericht zufolge von ehemaligen Domspatzen als „extrem cholerisch und jähzornig“ erlebt.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, sprach sich für eine Lockerung des Zölibats aus. Die Kirche müsse „Konsequenzen struktureller Art ziehen und dabei reflektieren, ob es kirchenspezifische Bedingungen gibt, die den Missbrauch begünstigten“, sagte Glück der „Süddeutschen Zeitung“. Die Lockerung des Pflichtzölibats sei „ein Weg“, sagte der CSU-Politiker, allerdings sei damit das Problem alleine nicht gelöst.

Die Generalsekretäre von SPD und CSU, Andrea Nahles und Alexander Dobrindt, warnten in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vor einer Einengung des Themas auf die katholische Kirche. Zur Aufarbeitung aller Missbrauchsvorwürfe auch außerhalb der Kirche fordern die Grünen eine unabhängige Untersuchung nach dem Vorbild Irlands. Statt Runder Tische müsse die Bundesregierung eine nationale Untersuchungskommission mit unabhängigen Experten einsetzen, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth der „Bild am Sonntag“.

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach sich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ für eine solche Kommission aus. Zudem forderte sie umfassendes Zahlenmaterial zu den Missbrauchsfällen von den betroffenen Institutionen. Die FDP-Politikerin ist nun auch persönlich zum Runden Tisch der Familien- und Bildungsministerinnen Kristina Schröder und Annette Schavan (beide CDU) eingeladen, wie ihr Sprecher der „Welt am Sonntag“ bestätigte. Zuvor war lediglich ein „Mitarbeiter“ des Justizministeriums angefragt worden.

Zur Verhinderung von sexuellem Missbrauch will die bayerische Justizministerin Beate Merk Pädophilen rechtzeitige Therapien ermöglichen. Die CSU-Politikerin verwies in der „Passauer Neuen Presse“ auf ein Forschungsprojekt der Berliner Charité, demzufolge Männer mit pädosexuellen Neigungen oft therapeutische Hilfe suchen, um sexuellen Missbrauch zu vermeiden. Dafür gebe es aber nicht ausreichend Angebote.