Siebzehn frühere Angestellte einer diakonischen Einrichtung in Düsseldorf sollen lern- und geistig behinderte Kinder misshandelt haben.

Düsseldorf. Mitarbeiter einer diakonischen Einrichtung sollen in Düsseldorf zahlreiche Kinder misshandelt haben. Ermittelt wird laut Staatsanwaltschaft gegen 17 frühere Angestellte der Educon, die Schulen für verhaltensauffällige sowie lern- und geistigbehinderte Kinder betreibt. Grundlage der Ermittlungen seien Videoaufzeichnungen, die zum Teil sehr erschreckend seien und einen extrem rüden Umgang mit den Kindern zeigten, sagte der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken, am Dienstag. Es gehe dabei aber nicht um den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs, betonte er. Die Staatsanwaltschaft wertet derzeit rund 200 Stunden Videomaterial aus.

Die Mitarbeiter des psychologischen Bereichs sollen ihre Schutzbefohlenen unter anderem eingesperrt, fixiert und ihnen Essen vorenthalten haben. Autistische Kinder, die körperlichen Kontakt nur schwer ertragen, seien zum Teil stundenlang umklammert und damit in Panik versetzt worden, erklärte Mocken. Bei Gegenwehr sei ihnen das Essen entzogen worden. Ermittelt wird laut Mocken bereits seit Herbst vergangenen Jahres wegen Misshandlung, Freiheitsberaubung und Nötigung.

Selbst Anzeige erstattet

Die Geschäftführung der Educon, ein Tochterunternehmen der evangelischen Graf-Recke-Stiftung, hatte damals selbst Anzeige bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft und dem Landesjugendamt erstattet. Nach Angaben der Stiftung waren bereits Mitte 2008 erste Vorwürfe gegen die Leitung einer Wohngruppe bekanntgeworden. Die Geschäftsleitung hatte sich daraufhin von der zuständigen Gruppenleitung getrennt. Als im Sommer 2009 weitere Vorwürfe bekanntgeworden seien, folgten die Strafanzeigen, erklärte Educon. Die betroffenen Mitarbeiter und die verantwortliche Bereichsleitung seien in Abstimmung mit den zuständigen Behörden sofort vom Dienst suspendiert worden. Die Anstellungsverhältnisse seien inzwischen gekündigt.

Arbeitsgruppe soll Geschehen aufarbeiten

Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich der Stiftung zufolge nun mit der Aufarbeitung des Geschehens und soll Maßnahmen ausarbeiten, „um derartige Fehlentwicklungen in Zukunft frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden“. Die zügige und umfassende Aufklärung aller Vorwürfe sei der Educon ein besonderes Anliegen, hieß es weiter. Die Graf-Recke-Stiftung ist nach eigenen Angaben eine der ältesten diakonischen Einrichtungen Deutschlands. 1822 gründete Graf von der Recke-Volmerstein ein „Rettungshaus“ für Straßenkinder in Düsselthal. Zur Kinder- und Jugendhilfe kamen 1986 die Behindertenhilfe und 1995 die Altenhilfe hinzu. Die Stiftungstochter Educon betreut und berät an mehreren Standorten im Großraum Düsseldorf mehr als 650 Kinder, Jugendliche und ihre Familien.