Die Vereinten Nationen haben Schwierigkeiten die Lebensmittel gerecht zu verteilen. Die USA haben die Luftbrücken wieder aufgenommen.

New York/Port-au-Prince. Bei der Versorgung der Erdbebenopfer in Haiti haben die Vereinten Nationen mehr Probleme als erwartet. „Es gibt täglich neue Schwierigkeiten. Vor allem die Verteilung der Lebensmittel macht bei einer solch unglaublichen Katastrophe Probleme“, sagte Uno-Missionschef Edmond Mulet per Videokonferenz bei den Vereinten Nationen in New York.„Schwierigkeiten macht vor allem, dass die Leute umherziehen. Dadurch ist es sehr schwer zu erfassen, wo genau Hilfe gebraucht wird.“ Gerade am Vortag sei aber an 100 000 Menschen Reis ausgegeben worden. „Das sind 100 000 Familien. Das bedeutet, dass diese für mindestens eine Woche versorgt sind.“

Unruhen bei der Verteilung von Lebensmitteln gebe es nicht mehr. „Anfangs haben die Sicherheitskräfte sogar Tränengas eingesetzt. Das ist aus unserer Sicht inakzeptabel, kommt aber auch nicht mehr vor. Die Situation ist ruhig und Zwischenfälle hat es in den letzten Tagen nicht mehr gegeben.“ Die Konvois würden zwar nach wie vor von Soldaten bewacht. „Aber entscheidend war, dass wir Coupons ausgegeben haben und an vielen Stellen nur noch Frauen Lebensmittel bekommen. Damit haben wir verhindert, dass nur die Stärksten etwas bekommen.“

Nach Mulets Worten haben bis zu einer halben Million Haitianer die Hauptstadt verlassen und sind in die umliegenden Provinzen gezogen. „Wir sehen das auch als Chance für die Zukunft Haitis. Dadurch könnte das völlig zentralisierte Land bessere Strukturen bekommen. Denn bislang gab es in Port-au-Prince ein Heer von Arbeitslosen, während in der Landwirtschaft Hände fehlten.“ In der Hauptstadt selbst seien inzwischen 30 000 Menschen beim Uno-Programm „Cash for Work“ (“Bares für Arbeit“) angestellt. „Diese Menschen räumen auf und beseitigen Trümmer für fünf Dollar am Tag. Damit kann man seine Familie selbst versorgen.“ In einem Monat sollen 100 000 Menschen so versorgt werden.

US-Militär nimmt Evakuierungsflüge in Haiti wieder auf

Unterdessen haben die USA die Luftbrücke für schwer verletzte Opfer des Erdbebens in Haiti wieder aufgenommen. Es sei inzwischen geklärt worden, wo in den USA die Verwundeten behandelt werden könnten, teilte das US-Militär in Port-au-Prince mit. Die zehn des Kindesraubs in Haiti beschuldigten US-Bürger könnten nach Angaben der haitianischen Regierung auch in ihrer Heimat angeklagt werden.

Nach Angaben der US-Botschaft wird es wieder Flüge zwischen dem US-Bundesstaat Florida und Haiti geben. Über die Kosten und wo die Verletzten in den USA behandelt werden sollten, wurde zunächst nichts bekannt. Am Wochenende waren die Flüge vorübergehend eingestellt worden, nachdem ein Streit über die Behandlungskosten entbrannt war. Der Gouverneur von Florida, Charlie Crist, hatte die Regierung in Washington um eine Kostenbeteiligung gebeten.

US-Bürger könnten wegen Kindesraubs in USA angeklagt werden

Ein haitianisches Gericht müsse entscheiden, ob die Strafverfolgung der zehn US-Bürger wegen Kindesraubs in Haiti oder in den USA eingeleitet werde, erklärte das Kommunikationsministerium in Port-au-Prince. Dazu sollten die Angehörigen einer christlichen Gemeinschaft einem Richter vorgeführt werden. Staatsanwalt Mazar Fortil sagte, die Männer und Frauen könnten wegen der Entführung Minderjähriger und Kinderhandels angeklagt werden, möglicherweise aber auch nur wegen krimineller Verschwörung.

Den US-Bürgern wird vorgeworfen, sie hätten 33 haitianische Kinder ohne die erforderlichen Papiere außer Landes schaffen wollen. Nach Angaben ihrer Organisation wollten sie die Kinder in der benachbarten Dominikanischen Republik in Sicherheit bringen. Offenbar sieht sich Haitis Justizsystem mit dem Fall überfordert: Ein relativ kleines Gebäude der Staatsanwaltschaft ist das einzige Justizgebäude in Port-au-Prince, welches das schwere Erdbeben vom 12. Januar überstanden hat. Der Gerichtssaal beherbergt zahlreiche Obdachlose.