Das Landgericht in Kaiserslautern gleicht einer Festung. Verhandelt wird eine tödliche Rache zwischen Hells Angels- und Outlaw-Mitgliedern.

Kaiserslautern. Ausnahmezustand im Weihnachtstrubel: Unter extremen Sicherheitsvorkehrungen hat in Kaiserslautern der Prozess um einen Mord in der Rockerszene begonnen. Zwei Mitglieder der Hells Angels sollen im Juni in einer Racheaktion einen Regionalchef der rivalisierenden Motorrad-Gang Outlaws getötet haben. Der Prozessauftakt dauerte am Dienstag nicht einmal eine Stunde. Die Verteidiger des 29 Jahre alten Angeklagten beanstandeten noch vor der Verlesung der Anklage in einem Antrag die Besetzung der Strafkammer und zweifelten außerdem deren Zuständigkeit an. Am 7. Januar soll der Prozess fortgesetzt und über den Antrag entschieden werden.

Der 42 Jahre alte Angeklagte, der aus dem nordpfälzischen Rockenhausen stammt, ist in einem Zeugenschutzprogramm. Er hatte sich nach der Bluttat der Polizei gestellt und ausgepackt. Er saß - rockerunüblich - im schwarzen Jackett im Gerichtssaal, ein Hinweis darauf, dass er mit den Hells Angels abgeschlossen hat. Sein 29 Jahre alter Komplize aus Mannheim trug dagegen einen roten Kapuzenpulli, rot-weiß sind die Farben der Hells Angels. Von den Zuschauern waren die beiden durch eine schusssichere Scheibe getrennt. Im Saal verfolgten einige Mitglieder von Hells Angels und Outlaws die Verhandlung, mit einem Puffer aus Polizisten dazwischen.

Rocker reisten bei Winterwetter in Bussen an

Das Landgericht glich einer Festung. Rund 1000 Anhänger beider Gruppen zeigten in der Stadt Flagge, ein Großaufgebot der Polizei verhinderte erfolgreich, dass es zu Auseinandersetzungen kommen konnte. Bereits am Morgen wurden bei den Rockern 40 gefährliche Gegenstände sichergestellt, darunter auch Stichwaffen. Angesichts des winterlichen Wetters waren die Rocker in Autos und Bussen angereist, nicht auf ihren Motorrädern.

Die Polizei hatte die Umgebung des Landgerichts bereits Stunden vor Prozessbeginn abgeriegelt. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamte sicherten die Umgebung. Die Rocker mussten sich an zwei separaten Sammelpunkten treffen, streng voneinander abgeschirmt. Kaiserslautern befand sich zwei Tage vor Heiligabend im Ausnahmezustand. Immer wieder waren Polizeisirenen zu hören.

Wer ins Gebäude wollte, musste sich einer peniblen Überprüfung unterziehen - nicht einmal der Präsident des Gerichts kam um die Kontrolle herum. Selbst die Schuhe mussten Besucher ausziehen, auch sie wurden nach Waffen durchsucht. Wer einmal im Gebäude war, durfte nur in Polizeibegleitung zur Toilette.

Weitere Racheakte verhindern

Die Sicherheitskräfte wollten auf Nummer sicher gehen und weitere Rachetaten zwischen Hells Angels und Outlaws verhindern. Auch der zur Verhandlung stehende Fall war laut Anklage ein Racheakt. Der 42 Jahre alte Angeklagte war Ende Juni, wenige Tage vor dem Mord, in Bad Kreuznach mit einem Outlaw aneinandergeraten und verletzt worden. Mit zwei Komplizen legte er sich am 26. Juni an einem Treffpunkt der Outlaws auf die Lauer und verfolgte den 45-Jährigen bis in die Nähe von Stetten im Donnersbergkreis.

Der laut Staatsanwaltschaft unbescholtene 45-Jährige sollte aber nach bisherigen Angaben des 42 Jahre alten Hells Angels nicht getötet werden, sondern „nur“ eine Abreibung bekommen. Doch auf einer Landstraße wurde der Outlaw ausgebremst und erstochen. Der dritte Tatverdächtige befindet sich bis heute auf der Flucht.

Mindestens bis März soll vor dem Landgericht verhandelt werden, rund 80 Zeugen sind geladen. Die Outlaws haben bereits schriftlich erklärt, was sie von dem Verfahren erwarten: „Wir gehen davon aus, dass die Täter strafrechtlich voll zur Rechenschaft gezogen werden.“