Wegen der Opfer durch Erdrutsche wächst in Italien die Wut auf die Baubranche. Der Vorwurf: Standards würden nicht eingehalten.

Messina. Die Zahl der Opfer durch Schlammlawinen, die sich auf Sizilien durch schwere Unwetter ausgelöst wurden, ist auf minestens 21 gestiegen. In den Vororten der Hafenstadt Messina hätten Feuerwehr und Zivilschutz am Sonnabend drei Leichen geborgen, teilte Zivilschutzchef Guido Bertolaso mit. Mehr als 30 Menschen würden noch immer vermisst. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi verschob einen Besuch der Unglücksregion, um die Hilfskräfte nicht zu behindern. Der Regierungschef hatte schon am Freitag befürchtet, es könnten mindestens 50 Menschen Opfer der Naturkatastrophe geworden sein. Sein Besuch ist jetzt für diesen Sonntag vorgesehen.

In den von Erdrutschen und Überschwemmungen heimgesuchten Ortsteilen bei Messina gehen unterdessen die Rettungsarbeiten weiter. Zwei Weiler in der Nähe von Giampilieri mit zusammen 200 Bewohnern sind durch die Zerstörungen von der Außenwelt abgeschnitten. Sie mussten am Sonnabend per Helikopter mit Nahrungsmitteln und Wasser versorgt werden. Die Ortschaften wurden dann teilweise evakuiert.

Staatspräsident Giorgio Napolitano forderte die Regierung auf, mehr in die Sicherheit des Landes als in „pharaonische Bauwerke“ zu investieren. Ministerpräsident Silvio Berlusconi plant bei Messina eine Milliarden Euro teure Brücke, um Sizilien mit dem Festland zu verbinden. Die Naturschutzorganisation WWF rief den Regierungschef bereits dazu auf, das umstrittene Brückenprojekt fallen zu lassen. Die jüngste Katastrophe müsse vor dem Hintergrund des „Zuzementierens und der wilden Urbanisierung“ in der Region Messina gesehen werden.

Obwohl Regenfälle die Bergungsarbeiten bei Messina am Vormittag noch stark behinderten, gruben Rettungsmannschaften in den besonders schwer von Schlammlawinen betroffenen Orten Scaletta und Giampilieri im Süden der sizilianischen Stadt weiter. In Scaletta wurden der Polizei auch Plünderungen gemeldet, berichteten italienische Medien.

Heftige Unwetter hatten in der Nacht zum Freitag in mehreren Vororten Messinas schwere Erdrutsche ausgelöst. 80 Menschen wurden verletzt. „Pfusch und Schwarzbau“ machte Bertolaso für das Ausmaß der Zerstörungen an Häusern in stark geschädigten Orten verantwortlich. 435 Sizilianer, die sich in Giampilieri in eine Grundschule geflüchtet hatten, wurden inzwischen in Sicherheit gebracht. Sie wurden auf Hotels und Gasthöfe in Messina verteilt. Der Zivilschutz musste dafür eine Verbindungsstraße von den Schlammmassen befreien.

In Messina tagte ein Krisenrat der Region. Die Regierung in Rom hatte am Freitag den Ausnahmezustand für die betroffene Region ausgerufen.