Während Ermittler noch über die Ursache des Busunfalls rätseln, bereitet man sich am Ort des Geschehens auf die Trauerfeier für die Opfer vor.

Radevormwald. Im Schreibwarenladen der Familie Wellershaus im nordhein-westfälischen Radevormwald gibt es am Mittwoch fast kein anderes Thema als das Busunglück mit fünf Toten vom Dienstag: „Die Stimmung im Ort ist sehr gedrückt“, sagt Inhaber Bernd Wellershaus. Mit ernstem Gesichtsausdruck verkauft er Lottoscheine für die Ziehung des 30-Millionen-Jackpots am Abend. „Die Leute sprechen heute über nichts anderes als das Unglück. Viele kommen und fragen, ob wir wissen, wer die Toten sind.“ Das sei wirklich eine „schlimme Sache“, fügt er hinzu: „Wir in Radevormwald würden lieber mit positiven Sachen bekannt werden und nicht immer mit Unglücken.“

Fünf Menschen im Alter von 38 bis 80 Jahren waren am Dienstag gestorben und sieben Personen zum Teil schwer verletzt worden, als ein Linienbus auf abschüssiger Strecke von der Fahrbahn abgekommen und eine etwa 20 Meter tiefe Böschung hinunter in das Flussbett der Wupper gestürzt war. Bereits 1971 war Radevormwald durch ein schweres Unglück erschüttert worden. 46 Menschen, darunter 41 Schulkinder, starben damals beim Zusammenprall eines Schienenbusses mit einem Güterzug unweit der aktuellen Unglücksstelle.

Durch die Ereignisse kommen auch die Erinnerungen an jenes Unglück zurück. Passanten im Zentrum der idyllisch gelegenen 24 000-Einwohner-Stadt erzählen am Mittwoch im Nieselregen davon. Es ist Markttag. „Alle sind sehr, sehr traurig“, sagt eine alte Dame, die an einem Fischstand steht. „Der Busfahrer, der gestorben ist, er soll vier Kinder haben. Ich habe 1971 selbst ein Kind bei dem Zugunglück verloren. Ich weiß, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren.“ Eine Ursache für solche Unglücke zu suchen, so findet sie, das sei zweitrangig: „Das ist einfach Schicksal.“

An der Unglücksstelle an einer Landstraße einige Kilometer vom Ortszentrum entfernt läuft der Verkehr wieder normal. Nur ein Warnschild mit „Achtung Ölspur“ und der Tempo-30-Marke weist Autofahrer zum bedachtsamen Fahren an. An der Stelle, an der der Bus 20 Meter tief in die Wupper stürzte, ist die Leitplanke verbogen und auf den Boden gedrückt. Im Flussbett sind Reste von Metall zu erkennen. Der Bus wurde bereits geborgen. Die Spurensuche am Unfallort sei abgeschlossen, sagt ein Polizeisprecher, der Informationen an Journalisten gibt, die dort warten. Sonst ist niemand zu sehen.

Auch ein Bus der Unglückslinie fährt am Mittwoch bereits wieder. Busfahrer Torsten Heine, der kurz an der Unglücksstelle hält, ist sichtlich mitgenommen von den Erlebnissen: „Ich hätte gestern eigentlich Dienst gehabt, aber dann hatte ich doch frei“, sagt er. Es sei ein komisches Gefühl, jetzt auf der Strecke unterwegs zu sein. Er habe seinen Kollegen verloren. „Es ist alles sehr traurig“, sagt er. Die Ursache für das Unglück kann er sich nach eigenen Angaben nicht erklären: „Das ist eigentlich keine schwierige Stelle“, sagt er.

Der Linienbus hatte am Dienstag gegen 11.50 Uhr zunächst etwa 400 Meter von der Unfallstelle entfernt an einer Haltestelle gehalten. Nach dem Anfahren war er laut Zeugenberichten auf abschüssiger Strecke zu schnell geworden und kam dann in einer Kurve mit einer Geschwindigkeit von rund 80 Stundenkilometern von der Fahrbahn ab. Er stürzte in das Flussbett der Wupper hinunter.

Bei dem Unglück starben neben dem 45 Jahre alten Busfahrer ein 70 und 71 Jahre altes Ehepaar aus Schwerte, ein 38-jähriger Mann und eine 80-jährige Frau aus Radevormwald. Nach wie vor ist die Ursache des Unfalls unklar. Bremsspuren fanden sich laut Polizei zunächst nicht.

Für die Opfer richten Stadt und Kirchen an diesem Freitag eine Trauerfeier aus. Es werde einen abendlichen ökumenischen Gottesdienst in dem Stadtteil geben, in dem sich das tödliche Unglück ereignet hat, sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Erni Huckenbeck (CDU) am Mittwoch. Die Trauerfeier richtet sich an alle Betroffenen, auch an die vielen Helfer und Einsatzkräfte. (ddp/dpa/abendblatt.de)