Island gab dem ehemaligen Schachweltmeister politisches Asyl. USA hält an den Vorwürfen fest.

Reykjavik. Nach acht Monaten in einem japanischen Gefängnis ist der frühere Schachweltmeister Bobby Fischer in seiner neuen Heimat Island eingetroffen. Der 62 Jahre alte ehemalige Amerikaner landete Donnerstag abend in der Hauptstadt Reykjavik und begab sich sofort in ein Hotel. Die USA wollen Fischer vor Gericht bringen, weil er 1992 trotz eines internationalen Embargos an einem Schachturnier im ehemaligen Jugoslawien teilgenommen und rund drei Millionen Dollar Preisgeld kassiert hatte. Bei einer Auslieferung drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte, Washington halte an den Anschuldigungen fest.

Bei seiner Ankunft wurden Fischer, der angeschlagen wirkte, und seine Verlobte Miyoko Watai (59; Vorsitzende des japanischen Schachverbandes) von Dutzenden Anhängern mit Willkommensgrüßen und Applaus am Flughafen empfangen. Der Schachspieler winkte ihnen kurz zu, bevor er in ein Auto stieg. Äußerungen gegenüber Journalisten lehnte er ab. In Island hat Fischer noch viele Anhänger, weil er dort 1972 sein bekanntestes Turnier gegen den sowjetischen Meister Boris Spassky gewonnen hatte, das zum Symbol der Auseinandersetzung zwischen Ost und West während des Kalten Krieges wurde. Das von den USA beanstandete Turnier in Ex-Jugoslawien ging wieder gegen Spassky.

Vor dem Abflug nach Island kritisierte Fischer scharf US-Präsident George W. Bush, den er einen "Kriminellen" nannte, und Japan, das ein "sehr sehr korruptes" Land sei. Er sei "entführt" worden, behauptete Fischer, der im Juli vergangenen Jahres in Tokio beim Versuch festgenommen wurde, mit seinem abgelaufenen US-Ausweis das Land zu verlassen. Um der Auslieferung an die USA zu entgehen, hatte Fischer um politisches Asyl in Island gebeten. Das Parlament in Reykjavik hatte dem Schachspieler daraufhin Anfang der Woche die isländische Staatsbürgerschaft zugestanden.

Ganz in Sicherheit ist Fischer auch in dem Inselstaat am nördlichen Polarkreis nicht vor der US-Justiz. Die US-Behörden bereiten eine Anklage wegen Steuerhinterziehung vor, die in ein Auslieferungsgesuch münden könnte. Reykjavik hat mit Washington ein Auslieferungsabkommen.