Bobby Fischer: Nach zwölf Jahren auf der Flucht zittert der frühere Weltmeister in Japan vor der Auslieferung an die USA

Tokio. Er galt als bester Schachspieler des 20. Jahrhunderts, gewann Weltmeistertitel und wurde von den Amerikanern als Held im Kalten Krieg gefeiert. Jetzt sitzt Bobby Fischer (61) in Japan im Gefängnis (wir berichteten) - und will mit einem besonderen Schachzug seiner drohenden Auslieferung an die USA entgehen, wo ihm zehn Jahre Haft und 250 000 Dollar Geldstrafe drohen: Er will in Japan heiraten.

Der Amerikaner, der angeblich schon seit vier Jahren mit der Präsidentin des japanischen Schachverbandes, Miyoko Watai, zusammenlebt, will ihr so schnell wie möglich das Jawort geben. Gestern beklagte Miyoko Watai jedoch, die japanischen Behörden hätten den Antrag auf eine Hochzeit abgelehnt, weil Fischers Papiere nach seiner Festnahme von der US-Botschaft eingezogen und vernichtet wurden.

Hintergrund: Das Schachgenie war Mitte Juli auf dem Flughafen Tokio festgenommen worden. Die amerikanischen und japanischen Behörden beschuldigen ihn, mit ungültigem US-Pass gereist zu sein. Die USA werfen Fischer vor, er habe 1992 gegen Sanktionsregeln verstoßen. Er hatte damals im ehemaligen Jugoslawien trotz Strafandrohung und Embargos gegen das Milosevic-Regime an einem Turnier gegen seinen alten Rivalen Boris Spassky aus der früheren Sowjetunion teilgenommen. Fischers Unterstützer werfen dagegen den US-Behörden "Willkür und Rechtsverstöße" vor. Die USA habe seinen Pass für ungültig erklärt, nachdem er ordnungsgemäß ins Land eingereist war - und man ihm noch vor wenigen Monate in Manila neue Seiten in seinem vollgestempelten Reisepass hinzugefügt hatte. In Unterstützerkreisen wird vermutet, dass "jemand in Washington" eine "persönliche Blutrache" an Fischer üben wolle. Ein Grund könnten Fischers antisemitische und antiamerikanische Hasstiraden sein. Auf einer Internetseite finden sich 21 ominöse Radio-Interviews, unter anderem eines, in dem er die Terrorattacken vom 11. September 2001 nur wenige Stunden später begrüßte und meinte, Amerika sollte "ausgelöscht" werden. Fischer hat bei Japans Justizminister derweil Widerspruch gegen eine Abschiebungsanordnung eingereicht sowie Antrag auf Anerkennung als politischer Flüchtling gestellt.

Seine Unterstützer hoffen, dass sich die geplante Heirat mit einer Japanerin günstig auf die Entscheidung der japanischen Justiz auswirkt. Fischer und Watai sind seit 30 Jahren befreundet. Nach seiner Inhaftierung beschloss Fischer zudem, seine US-Staatsangehörigkeit abzulegen.

Damit dies rechtlich wirksam wird, forderte seine Anwältin die US-Regierung auf, einen Konsularbeamten zu ihm in die Zelle zu schicken. Dies habe die US-Botschaft in Tokio bisher verweigert. Die Unterstützer von Fischer versuchen zeitgleich nachzuweisen, dass Fischer die deutsche Staatsangehörigkeit habe: Die Frage, ob sein Vater, ein aus Deutschland nach Amerika eingewandeter Physiker, bei Bobby Fischers Geburt am 9. März 1943 in Chicago noch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, lässt sich aber nicht leicht beantworten.

John Bosnitch, Leiter des "Committee to Free Bobby Fischer", fordert: "Wir erwarten von den deutschen Behörden, dass sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Rechte dieses Mannes als deutscher Staatsbürger zu schützen."