Im Doping-Prozess wurde Alberto Contador freigesprochen. Er zeigte sich erleichtert und will schnell wieder im Sattel sitzen.

Madrid. "Die Gerechtigkeit hat gesiegt." So äußerte sich Anwalt Andy Ramos nach dem Freispruch seines Schützlings Alberto Contador am Dienstag. Der führte zuvor seine erhöhten Blutwerte auf den Verzehr eines verunreinigten Steaks zurück, was die spanischen Richter letztlich auch überzeugte. Contador hatte stets bestritten, gedopt zu haben. Darüber hinaus gab er zu Protokoll, er sei "das Musterbeispiel eines sauberen Sportlers."

Während das Urteil in der restlichen Sportwelt für Empörung sorgte, übte der spanische Ministerpräsident Zapatero bereits vor dem Urteilsspruch Druck aus, indem er äußerte, es gebe "keinen juristischen Grund, Contador zu bestrafen."

Das wiederum rief den Präsidenten des Welt-Radsport-Verbandes UCI, Pat McQuaid auf den Plan. „Ich denke nicht, dass Politiker in ein laufendes Verfahren eingreifen sollten, wenn sie nicht alle Fakten kennen. Das war ungerechtfertigt. Es sollte Sache des Sports sein, sich selbst zu überwachen. Das hat dem Image von Spanien nicht geholfen“, so McQuaid.

Contadors Teamchef Bjarne Riis vom Team Saxo Bank zeigte sich erfreut über den Freispruch:„Ich will nicht verhehlen, dass das gut für Alberto und das Team ist“, so Riis, für den die Entscheidung „keine Riesenüberraschung mehr war.“

Der Spanier selbst gab sich inzwischen wieder tatenlustig. Der 28-Jährige, der unmittelbar nach Verkündung des Urteils durch den spanischen Verband RFEC in der Nacht zum Mittwoch zur Algarve-Rundfahrt aufbrach, sagte dem TV-Sender Veo7:„Ich werde auch beim Giro d’Italia dabei sein.“

Sein Anwalt hofft indes, dass weder der Radsportverband UCI noch die Welt-Anti-Doping-Agentur einen Einspruch gegen das Urteil beim Internationalen Sportgerichthof einreichen. Selbst dann könnte Contador allerdings noch so lange fahren, bis es zu einem erneuten Urteilsspruch käme. Der dreimalige Sieger der Tour de France sieht sich trotz allem als Opfer und beklagt:„Mein Image hat einen solchen Schaden erlitten, dass dieser nicht wieder gutzumachen ist.“ (dpa/sid)

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Dem Radsport steht wohl ein monatelanger Justizmarathon ins Haus, denn der spanische Radpsort-Verband hat wieder einmal die schützende Hand über Alberto Contador gehalten und und einen der spektakulärsten Dopingfälle ad absurdum geführt. Pünktlich zu Saisonbeginn bekam der dreimalige Toursieger einen Freispruch erster Klasse serviert, angesichts der fadenscheinigen Begründungen schlagen die Anti-Doping-Experten die Hände vors Gesicht. „Die Spanier machen sich lächerlich. Das ist eine Kabarett-Nummer. Die WADA muss vor den CAS ziehen“, sagte Chefankläger Werner Franke und sieht sich in seiner Meinung über die spanische Anti-Doping-Politik bestätigt.

Durch den Urteilsspruch darf Contador ab sofort wieder in den Sattel steigen. Der Kletterkönig wird nach Angaben seines Pressesprechers schon am Mittwoch bei der Algarve-Rundfahrt am Start stehen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und der Radsport-Weltverband UCI haben nun einen Monat Zeit, vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS Einspruch gegen das Strafmaß einzulegen. Ob sie das tun, wollen die Verbände nach Prüfung der Unterlagen entscheiden.

Contador darf aber auf jeden Fall bis zu einer möglichen Entscheidung des CAS wieder Rennen bestreiten. Und dass sich derartige Prozesse in der Schweiz hinziehen können, hat der Fall Alejandro Valverde bewiesen. Der zweimalige Vize-Weltmeister war ebenfalls vom spanischen Verband freigeboxt worden, obwohl er nachweislich auf der Kundenliste des Dopingarztes Eufemiano Fuentes gestanden hatte. Monatelang fuhr „Valv. Piti“, so sein Synonym auf den Fuentes-Blutbeuteln, noch einen Sieg nach dem anderen ein, ehe schließlich der CAS eine Sperre bis Ende 2011 aussprach.

Die Spanier bleiben offenbar ihrer Linie - UCI-Präsident McQuaid hatte die Iberer erst bei der WM in Australien für ihre laxe Anti-Doping-Politik gerügt - auch im Fall Contador treu. In der Urteilsbegründung bezieht sich der Verband auf Artikel 296 der Doping-Regularien, der besagt, dass ein Fahrer freizusprechen ist, wenn er belegen kann, dass ihn bei einem positiven Dopingfall keine Schuld trifft.

Contador war am zweiten Ruhetag der Tour de France positiv auf Clenbuterol getestet worden. Der 28-Jährige hatte die geringen Spuren der verbotenen Substanz mit kontaminiertem Fleich zu erklären versucht. Ein Freund des damaligen Astana-Teamkochs habe ein Stück Rindfleisch in der baskischen Stadt Irun gekauft und zur Tour nach Pau mitgebracht, wo es in der Bordküche des Manschaftsbusses zubereitet worden sei und dem Toursieger sehr gemundet habe. So lautet Contadors Version, die das Wettkampfkomitee des spanischen Verbandes vollauf überzeugt hat.

Die RFEC vergleicht die Angelegenheit mit dem Dopingfall des deutschen Tischtennis-Spielers Dimitrij Ovtcharov, der bei einem Turnier in China ebenfalls positiv auf Clenbuterol getestet worden war. Im Gegensatz zu Contador hatte Ovtcharov aber mittels einer Haaranalyse glaubhaft seine Unschuld darstellen können. „China ist total verseucht, in Spanien soll es aber seit Jahren keinen Clenbuterol-Fall mehr gegeben haben. Ausgerechnet der große Rad-Champion soll nun betroffen sein? Wenn Contador so etwas behauptet, hätte es Ermittlungen geben müssen. Wo sind die Ergebnisse?“, ergänzt Franke.

Der Molekularbiologe wundert sich indes, warum Contador keine Haaranalyse wie Ovtcharov angestrengt hat. Womöglich aus gutem Grund: Bei Contador war bereits im September der Verdacht laut geworden, dass die geringen Spuren des Clenbuterols durch eine zuvor durchgeführte Eigenbluttransfusion in den Körper des Spaniers gelangt sei.

Die Anwälte hatten zudem in ihrer Verteidigung angeführt, dass ihnen Dokumente unterschlagen worden seien. So soll ein Brief der UCI an die RFEC mit vier möglichen Erklärungen für den positiven Dopingbefund nicht an das Lager Contadors weitergereicht worden sein.

Damit kann sich der kleine Radstar aus dem Madrider Vorort Pinto wieder einmal auf seine Landsleute verlassen. 2006 war er noch in den ursprünglichen Dokumenten der Operacion Puerto mit den Initialien AC (Alberto Contador) aufgeführt worden, ehe sein Name wie von Geisterhand verschwand und der Weg zu bislang drei Tour- sowie jeweils einem Giro- und Vuelta-Sieg frei war.