Vierzehn Monate zog sich der Fall Alberto Contador hin. Am Montag startet nun die Anhörung des dreimaligen Tour de France-Siegers in Lausanne.

Lausanne. Es steht viel auf den Spiel in Lausanne. Es geht um Prestige und um Glaubwürdigkeit, aber es geht auch um einen möglichen Wandel im Umgang mit einer verbotenen Substanz. Wenn am Montag der Internationale Sportgerichtshof die Anhörung im Dopingfall Alberto Contador beginnt, hofft die Radsport-Welt auf Klarheit. Sie wollen wissen, wie der positive Clenbuterol-Befund aus dem Jahr 2010 zu bewerten ist. Der Spanier beteuerte im Vorfeld der Anhörung erneut seine Unschuld. Die Frage bleibt: War es der unwissentliche Verzehr von kontaminiertenm Fleisch oder eben doch bewusstes Doping?

„Wenn du nichts falsch gemacht hast, hast du nichts zu befürchten. Ich kämpfe für meinen Stolz. Es ist für mich undenkbar, irgendeine Art von Sanktion zu akzeptieren“, sagte Contador. 13 Kronzeugen, darunter wissenschaftliche Experten und seine Teamkollegen Benjamin Noval und Jesus Hernandez, will Contadors vierköpfiges Verteidiger-Team aufrufen, um die Unschuld des Spaniers zu beweisen. Und damit ein Fiasko zu verhindern. Wird Contador schuldig gesprochen, sperrt ihn die Welt-Anti-Dopingagentur Wada nicht nur für zwei Jahre. Auch seine Titel bei der Tour de France 2010 und dem Giro d’Italia 2011 wäre der stolze Iberer los.

„Ich gehe die Sache selbstsicher an, denn all die Kontrollen und wissenschaftlichen Fakten unterstützen meinen Fall. Ich glaube, es wird eine positive Lösung geben“, sagte Contador. Viel mehr als taktisches Geplänkel sind solche Aussagen allerdings nicht, denn auch die Gegenseite stützt sich auf wissenschaftliche Tatsachen. So hätte Contador eine enorm hohe Menge an verseuchtem Fleisch essen müssen, um auf die in seinem Urin gefundenen Clenbuterol-Werte zu kommen.

Auch die Anti-Doping-Lämpfer der Wada sehen sich nun einem Dilemma ausgesetzt. Wie soll Clenbuterol generell eingeordnet werden, würde Contador freigesprochen? „Dann war das Regelwerk falsch“, sagte Rolf Aldag, zuletzt Sportdirektor beim Rennstall HTC-Highroad: „Für mich wird vor allem die Einschätzung der Experten interessant sein, denn es gibt viele Fälle, die sehr unterschiedlich behandelt werden“.

+++ Das miese Spiel des Alberto Contador +++

109 positive Clenbuterol-Fälle gab es allein bei der U17-WM der Fußballer in Mexiko, auch in der Probe des deutschen Tischtennis-Profis Dimitrij Ovtcharov war das Kälbermastmittel nach einem China-Aufenthalt nachgewiesen worden. Der Grund? Verseuchtes Fleisch. Strafen blieben aus. „Im Grunde liegt bei allen eine positive A- und B-Probe vor. Wenn es keine Sanktionen gibt, dann gehört Clenbuterol gar nicht oder zumindest mit Grenzwert auf die Liste. Auch wir wurden nicht freigesprochen, nur weil Mitte der 90er im Grunde alle Epo im Blut hatten“, sagte Aldag.

In der WADA-Liste der verbotenen Substanzen für 2012 wurde für Clenbuterol erneut kein Grenzwert festgelegt, positive Fälle werden einzeln bewertet. „Man kann keine Grenzwerte einführen, weil man bei einer Kontamination von Fleisch nie weiß, wie groß die darin enthaltene Menge Clenbuterol war“, sagte Dr. Hans Geyer vom Institut für Biochemie an der Sporthochschule Köln, das die positive Contador-Probe analysiert hatte.

Contador selbst hofft, mit seinem Fall den Weg zu einer Neuausrichtung der Richtlinien zu ebnen. „Ich glaube fest daran, dass es eine Änderung der zugelassenen Höchstwerte geben wird. Wahrscheinlich sogar direkt nachdem mein Fall abgeschlossen ist“, sagte Contador. Es klingt fast wie eine Drohung.

Mit einem Urteil ist nach CAS-Angaben erst in einigen Wochen zu rechnen, vermutlich erst im kommenden Jahr. Dass sich der Fall Contador zur einer für viele Beteiligten unsäglichen Hängepartie entwickelt hat, liegt allerdings auch am CAS. Ursprünglich sollte bereits vor der Tour 2011 Klarheit herrschen - ehe die Richter die Anhörung zunächst in den August und später in den November verlegten. Sie begründeten die Entscheidung damit, beiden Parteien mehr Zeit zur Vorbereitung einräumen zu wollen. Vom spanischen Radsport-Verband RFEC war Contador bereits im Februar von jeglichem Fehlverhalten freigesprochen worden.