Kanadas Serie reißt. Myhrer bricht Altersrekord. Gisin macht es ihrer Schwester nach. Gedopter Curler gibt Medaille zurück.
Nach der Goldmedaille der nordischen Kombinierer erlebte die deutsche Frauen-Staffel im Biathlon ein Debakel am viertletzten Wettkampftag in Pyeongchang. Abendblatt.de hält Sie über die Olympischen Winterspiele auf dem Laufenden.
Biathlon-Debakel für deutsche Frauen
Als klarer Favorit gestartet, ist die deutsche Frauen-Staffel im Biathlon ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden. Das Quartett in der Besetzung Franziska Preuß, Denise Herrmann, Franziska Hildebrand und Laura Dahlmeier landete nach drei Strafrunden und elf Nachladern auf einem enttäuschenden achten Platz. Nach verrückten Leistungen an den Schießständen bei extremem Wind ging der Olympiasieg an Weißrussland um Schlussläuferin Darja Domracheva. Silber und Bronze holten Schweden und Frankreich.
Deutschland verpasste wie schon 2014 in Sotschi eine Medaille, vor vier Jahren hatte es in Russland nach einem ähnlich schwachen Rennen nur zum elften Platz gereicht. Für Doppel-Olympiasiegerin Dahlmeier und Co. ist das Ergebnis besonders bitter, da sie in den vergangenen acht Staffelrennen saisonübergreifend insgesamt sieben Siege gefeiert hatten. Dazu zählt auch der Triumph bei der WM 2017 in Hochfilzen.
Kombinierer holen Gold
Die deutschen Kombinierer haben im Teamwettbewerb erstmals seit 1988 die Goldmedaille gewonnen. Vinzenz Geiger, Fabian Rießle, Eric Frenzel und Johannes Rydzek holten sich am Donnerstag nach dem Springen von der Großschanze und dem Langlauf über 4x5 Kilometer souverän den Sieg. Es war eine weitere Machtdemonstration der nordischen Dominatoren.
Im Medaillenspiegel hat Deutschland damit wieder zu Norwegen aufgeschlossen. Die Skandinavier führen jedoch weiterhin dank der besseren Silbermedaillenbilanz. Das 13. Gold für die gesamte deutsche Wintersport-Mannschaft hatte auch eine historische Note, denn damit ist die beste Ausbeute seit der Wiedervereinigung perfekt.
Die nach dem Springen mit sechs Sekunden Vorsprung ins Rennen gegangenen Österreicher wurden schon kurz nach dem Start von Startläufer Geiger überholt.
Frenzel begann die erste Terildisziplin am Vormittag mit einem starken Sprung auf (137,0 m), ehe Geiger (129,5) und Rießle (127,5) die Führung verspielten. Rydzek (138,0) brachte das DSV-Quartett wieder in Schlagdistanz zu den Österreichern.
Ungarn holt erstmals Staffel-Gold im Shorttrack
Ein Sturz von Top-Favorit Südkorea hat dem Team aus Ungarn sensationell den ersten Olympiasieg im Shorttrack beschert. In der letzten Entscheidung in dieser Sportart setzten sich die Ungarn in der 5000-Meter-Staffel der Herren in 6:31,99 Minuten vor den Quartetts aus China und Kanada durch. Südkorea musste sich mit Rang vier begnügen.
Weltrekord bei den Shorttrackern
Shorttracker Wu Dajing hat China mit einem Weltrekord das erste Gold beschert. Der Silbermedaillengewinner von Sotschi 2014 gewann das Finale im Sprint über 500 m in 39,584 Sekunden und verbesserte seine eigene Bestmarke aus dem Viertelfinale (39,800). Silber ging an den Südkoreaner Hwang Daeheon (39,854), Bronze an dessen Landsmann Lim Hyojun (39,919), 1500-m-Olympiasieger. 1000-m-Olympiasieger Samuel Girard (Kanada) ging im Finale als Vierter leer aus.
Die deutschen Medaillengewinner:
Die deutschen Medaillengewinner von Pyeongchang
Gute Quote für das ZDF
Das ZDF hat am Mittwoch mit der Entscheidung im Zweier-Bob der Frauen seine vierthöchste Quote des Tages erzielt. Die Übertragung der Goldfahrt von Pilotin Mariama Jamanka (Oberhof), die sich knapp gegen die US-Amerikanerin Elana Meyers Taylor durchsetzte, sahen durchschnittlich 3,7 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 31,8 Prozent entsprach.
Auch der überraschende Halbfinaleinzug der Eishockey-Nationalmannschaft durch den 4:3-Sieg nach Verlängerung gegen Weltmeister Schweden erreichte mit 3,31 Millionen Zuschauern (23,8 Prozent) eine gute Quote.
US-Frauen düpieren Kanada
Den Erzrivalen besiegt und erstmals seit 20 Jahren wieder das olympische Eishockeyturnier der Frauen gewonnen: Das Team der USA schlug Rekord-Olympiasieger Kanada 3:2 (1:0, 0:2, 1:0, 0:0, 1:0) nach Penaltyschießen und fügte damit den "Ahornblättern" nach 24 Olympiapartien ohne Pleite wieder eine Niederlage zu. Zuletzt hatte Kanada 1998 im Finale in Nagano gegen die USA verloren.
Zur tragischen Figur wurde Meghan Acosta. Die kanadische Stürmerin, die eigentlich zum vierten Mal in Folge Olympiasiegerin werden wollte, verschoss den entscheidenden Penalty und schlich anschließend mit Tränen in den Augen vom Eis.
Ski alpin: Gisin gewinnt Kombination, Vonn fädelt ein
Die Schweizer Skirennfahrerin Michelle Gisin ist Olympiasiegerin in der alpinen Kombination. Vier Jahre nach dem Triumph ihrer Schwester Dominique Gisin in der Abfahrt von Sotschi sicherte sich die 24-Jährige am Donnerstag bei den Winterspielen in Pyeongchang Gold vor dem favorisierten US-Star Mikaela Shiffrin. Im Ziel hatte Gisin, WM-Zweite von 2017, nach dem abschließenden Slalom 0,97 Sekunden Vorsprung. Dritte wurde in Wendy Holdener ebenfalls eine Schweizerin.
Die Amerikanerin Lindsey Vonn, die nach der Abfahrt noch geführt hatte, beendete ihr letztes olympisches Rennen nach einem Einfädler im Slalom ohne Medaille. Deutsche Athletinnen waren beim letzten Einzelrennen in Südkorea nicht am Start. Noch 2010 in Vancouver und 2014 in Sotschi hatte Maria Höfl-Riesch in dieser Disziplin jeweils Gold geholt.
Skicross: Delboscos Zustand nach Sturz stabil
Der kanadische Skicrosser Christopher Delbosco hat sich bei seinem fürchterlichen Sturz im Finale einen Beckenbruch, vier Rippenbrüche und eine Lungenquetschung zugezogen. Der 35-Jährige sei in einem stabilen Zustand und stehe im Krankenhaus weiter unter Beobachtung, teilte das kanadische Team am Donnerstag mit. Delbosco hatte in seinem Achtelfinallauf der Olympischen Winterspiele von Pyeongchang am Mittwoch die Kontrolle verloren, war weit durch die Luft geflogen und hart auf dem Rücken aufgeschlagen. Neben Delbosco waren auch der Franzose Terence Tchiknavorian und der Österreicher Christoph Wahrstötter nach schlimmen Stürzen verletzt von Sanitätern von der Strecke gebracht worden.
Eisschnelllauf: Pechstein gibt sich trotzig
Die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein will ihre Laufbahn nach den Winterspielen 2022 in Peking beenden. „Ich gebe mein Karriereende bekannt“, sagte Pechstein während einer Pressekonferenz anlässlich ihres 46. Geburtstages im Deutschen Haus von Pyeongchang und fügte nach längerer Pause an: „In vier Jahren.“ Sie sei die Einzige, die entscheide, wann sie zurücktrete: „Ich und niemand anderes.“
Die Berlinerin hatte schon im Anschluss an den enttäuschenden achten Platz auf ihrer Paradestrecke 5000 m angekündigt, noch vier weitere Jahre laufen zu wollen. Die deutsche Fahne bei der Schlussfeier wird Pechstein nicht tragen. Die Berlinerin wird vorher die Heimreise antreten und nicht an der Zeremonie am Sonntag teilnehmen.
Ihre siebten Winterspiele waren bislang nicht von sportlichem Erfolg gekrönt. Neben Platz acht über den „langen Kanten“ lief Pechstein über 3000 m auf den neunten Rang. In der Teamverfolgung kam sie an der Seite von Gabriele Hirschbichler und Roxanne Dufter nicht über den sechsten Platz hinaus. „Ich sehe das große Ganze. Die Saison war mit zwei Weltcupsiegen sehr erfolgreich. Ich muss mich nicht verstecken“, sagte Pechstein.
Am Samstag steht sie in Pyeongchang bei der Olympia-Premiere des Massenstarts letztmals auf dem Eis. „Es ist ein Lotterie-Rennen. Ich werde versuchen, mich für das Finale zu qualifizieren. Die jungen Küken sind etwas forscher, was die Taktik angeht. Ich habe mir vorgenommen, das Gleiche zu tun“, sagte Pechstein.
Shorttrack: Aus für Walter im Viertelfinale
Bianca Walter hat zum Abschluss der Shorttrack-Wettbewerbe einen Überraschungserfolg klar verpasst. Die 27-Jährige aus Dresden schied im hochkarätig besetzten Viertelfinale über 1000 m als Schlusslicht ihres Laufs aus. Walter war die letzte Deutsche im Wettbewerb. Die zweite Starterin Anna Seidel (19/Dresden) hatte sich nach einer Disqualifikation im Vorlauf am Dienstag nicht für die zweite Runde qualifiziert.
Das Abschneiden der beiden deutschen Shorttrackerinnen in Südkorea ist insgesamt enttäuschend. Walter war über 500 m und 1500 m in der ersten Runde gescheitert. Hoffnungsträgerin Seidel stürzte insgesamt dreimal. Über 500 m hatte sie zumindest das Viertelfinale erreicht, über 1500 m das Halbfinale.
Eislaufen: Witts Rat an Pechstein
Der Höhepunkt der Winterspiele in Südkorea ist für die zweimalige Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt die Paarlaufkür von Aljona Savchenko und Bruno Massot. „Es war ein kollektives Schluchzen. Und es wird das Schönste für die beiden sein, wenn in 30 Jahren die Leute kommen und ihnen sagen: Ihr habt uns berührt. Das sind sportlich hoch emotionale Momente, wie wir sie auch bei Steffi Graf und bei der Fußball-WM erlebt haben“, sagte die 52-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Ihr zweites Olympia-Gold in Calgary liegt genau 30 Jahre zurück.
Der 46 Jahre alten Eisschnellläuferin Claudia Pechstein empfiehlt Witt eine ruhige Minute, um über das Karriereende nachzudenken: „Sie steht in den sportlichen Geschichtsbüchern. Vielleicht entdeckt sie wie ich, dass nach dem Leistungssport der Jugend der Gesundheitssport für meine Generation auch echt Spaß machen kann.“
Ski alpin: Myhrer ältester Slalomsieger
Der Schwede Andre Myhrer ist nach seinem Triumph in Pyeongchang der älteste Slalom-Olympiasieger der Geschichte. Im Alter von 35 Jahren und 42 Tagen gewann der Skirennfahrer am Donnerstag bei den Winterspielen vor dem Schweizer Ramon Zenhäusern. Der Österreicher Michael Matt wurde Dritter, sein Bruder Mario hatte vor vier Jahren in Sotschi im Alter von 34 Jahren Gold gewonnen.
Myhrer profitierte vom Aus des Norwegers Henrik Kristoffersen, der nach dem ersten Durchgang geführt hatte. Topfavorit Marcel Hirscher aus Österreich war bereits im ersten Lauf ausgeschieden. Fritz Dopfer verpasste einen Platz unter den besten 15 klar. Linus Straßer war im ersten Durchgang gescheitert.
Ski-Freestyle: Wise wiederholt Halfpipe-Triumph
Mit seinem letzten Versuch hat Ski-Freestyler David Wise zum zweiten Mal Olympia-Gold in der Halfpipe geholt. Nach zwei verpatzten Versuchen bekam der US-Amerikaner 97,2 Punkte und triumphierte in Pyeongchang wie schon in Sotschi 2014. Der 27-Jährige setzte sich am Donnerstag mit lediglich 0,8 Punkten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Alex Ferreira durch. Bronze ging überraschend an den 16 Jahre alten Neuseeländer Nico Porteous.
Schon vor dem olympischen Finale ohne deutsche Beteiligung war ein Sturz mit Verletzungsfolge passiert. Der Neuseeländer Byron Wells musste mit einem Rettungsschlitten aus der Halfpipe transportiert werden und konnte anschließend nicht mehr antreten. Sein Bruder Beau-James Wells war im Finale dabei und belegte Platz vier. Im Finale stürzten zudem der Franzose Kevin Rolland und Torin Yater-Wallace. Beiden konnten selbstständig die Halfpipe verlassen.
Snowboard: Gasser erste Big-Air-Siegerin
Mit dem letzten Sprung des Wettbewerbs hat sich die österreichische Snowboarderin Anna Gasser das erste Olympia-Gold im Big-Air-Wettbewerb gesichert. Die Weltmeisterin zog mit 185,00 Punkten noch an der führenden Amerikanerin Jamie Anderson vorbei, die auf 177,25 Punkte kam und ihren insgesamt dritten Olympiasieg verpasste. Bronze ging am Donnerstag in Pyeongchang mit großem Rückstand an die Neuseeländerin Zoi Sadowski Synnott (157,50). Der Wettbewerb wurde erstmals bei Olympia ausgetragen.
Von den drei Sprüngen im Finale der besten Zwölf, in dem keine Deutschen vertreten waren, wurden die beiden besten gewertet. Die 26-jährige Gasser erzielte zum Abschluss 96,00 Zähler und schaffte damit die höchste Wertung des Tages. Anderson blieb damit Silber, nachdem sie in Südkorea wie schon 2014 in Sotschi im Slopestyle triumphiert hatte.
Die Münchnerin Silvia Mittermüller verpasste die Olympia-Premiere im Big Air wegen einer Knieverletzung. Im Training vor dem Slopestyle-Finale in Pyeongchang hatte sich die 34-Jährige einen Meniskusriss zugezogen und musste bereits wieder abreisen.
Curling: Gedopter Russe gibt Medaille zurück
Nach seiner positiven Dopingprobe will der russische Curler Alexander Kruschelnizki dem Verband seines Landes zufolge seine Bronzemedaille zurückgeben. Das sagte eine Sprecherin des russischen Curling-Verbandes dem Staatsfernsehen des Landes. Man habe eine Erklärung unterzeichnet, dass der Dritte des Mixed-Wettbewerbes von Pyeongchang die verbotene Substanz Meldonium in seinem Körper gehabt habe. „Als Konsequenz werden wir die Medaille zurückgeben“, sagte Verbandssprecherin Valentina Parinowa.
Kruschelnizki hatte am Mittwoch erklärt, er wolle auf die für Donnerstag geplante Anhörung vor der Ad-hoc-Kammer des Internationalen Sportgerichtshofes CAS verzichten. Er räumte einen formalen Verstoß ein, bestritt aber Doping. „Ich habe niemals die Regeln des Sports gebrochen oder Doping genutzt“, sagte Kruschelnizki in der Mitteilung, die der Nachrichtenagentur Tass von der russischen Olympia-Delegation übermittelt wurde. Zusammen mit seiner Ehefrau hatte Kruschelnizki in Pyeongchang in dem neuen Wettbewerb das Spiel um Platz drei gegen Norwegen gewonnen. Von russischer Seite wurden Spekulationen verbreitet, ihm sei das verbotene Mittel in ein Getränk gemischt worden.
Sein Fall ist auch deswegen so brisant, weil die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees am Samstag entscheidet, ob die russischen Sportler am Sonntag bei der Schlussfeier wieder unter eigener Fahne, mit eigener Hymne und eigener Kleidung ins Olympiastadion einlaufen dürfen. Wegen des Manipulationsskandals bei den Winterspielen 2014 in Sotschi dürfen nur eingeladene Sportler als Team „Olympische Athleten aus Russland“ in Südkorea starten.
dpa/sid/wal