Hamburg . Volker Wulff, Chef des Spring- und Dressurderbys, mahnt die baldige Sanierung des Geländes an und spricht über seine Pläne bis 2024.

Jens Meyer-Odewald

Binnen 15 Jahren hat es Vermarkter Volker Wulff mit seiner Agentur En Garde geschafft, aus dem Deutschen Spring- und Dressurderby eine Sportveranstaltung internationaler Klasse zu formen. Sein Vertrag mit dem Hausherrn, dem Norddeutschen und Flottbeker Reiterverein (NFR), wurde um weitere zehn Jahre bis 2024 verlängert. Just in dem Jahr hofft Hamburg auf Olympische Spiele. Im Sportgespräch äußert sich der Turnierchef über die aktuelle Lage im Pferdesport, über Pläne und Visionen.

Hamburger Abendblatt: Herr Wulff, beschert die Olympiabewerbung dem Deutschen Derby frischen Schwung?

Volker Wulff: Dadurch wird der gesamte Sport in der Hansestadt und im Norden beflügelt – natürlich auch eine fast 100 Jahre alte Traditionsveranstaltung wie das Spring- und Dressurderby. Wir spüren diese frische Luft, sie gibt zusätzlich Auftrieb.

Wie bemerken die Besucher das?

Wulff : Man kann umgekehrt sagen: Wir bemerken es an den Zuschauern. Im Kartenvorverkauf hatten wir eine Zunahme von 15 Prozent, darunter sind überraschend viele Neukunden. Andere Sportveranstalter bestätigen diesen Trend. Alle profitieren von diesem Bekenntnis zu Olympia.

Zwar ist beim Derby auch 2015 die Weltelite am Start, aber besteht nicht dennoch Handlungsbedarf? Die gesamte Anlage ist altmodisch.

Wulff : Der marode Zustand der Tribünen bleibt niemandem verborgen. Alles, was da steht, ist 50 Jahre alt. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Was muss passieren?

Wulff : Unmittelbar nach dem Derby werden wir Gespräche mit der Stadt führen, wie wir uns konkret in Richtung Olympia bewegen. Auch wenn die Spiele 2024 nicht in Hamburg stattfinden sollten, muss es vorangehen. Stichwort ist die Europameisterschaft der Springreiter, die wir 2019 gerne in Klein Flottbek ausrichten wollen.

Bis dahin müssen neue Tribünen stehen.

Wulff : Keine Frage – und zwar unabhängig von den Olympiaplänen. Die Entscheidung für einen Neubau stärkt Hamburgs Stellung als ambitionierte Sportstadt. Wir brauchen eine tendenzielle Zusage der Stadt. Denn schon im Herbst dieses Jahres wollen wir unsere Bewerbung für die Ausrichtung der EM in vier Jahren abgeben. Bei einem hoffentlich positiven Olympiabeschluss pro Hamburg im Sommer 2017 könnte dann aufgestockt werden.

Geredet wird schon seit Jahren, passiert aber ist wenig. Warum?

Wulff : Das Geld liegt ja nicht einfach herum. Ein solcher Prozess muss in den Köpfen der Politiker reifen. Und die Notwendigkeit für Investitionen wird größer, wenn man große Ziele hat. Was seit Jahren schwelt, muss jetzt realisiert werden. Letztlich profitieren Stadt und Bürger erheblich vom Weltruf traditionsreicher Sportveranstaltungen.

Die großen Veranstalter hatten sich als „Hamburger Sportsommer“ vereint. Was ist daraus geworden?

Wulff : Diese Pläne sind leider ein bisschen eingeschlafen. Auch weil unsere Pläne seitens der Stadt auf wenig Resonanz stießen.

Was halten Sie von der Idee, auf der Horner Galopprennbahn sämtliche Pferdesportsparten unterzubringen?

Wulff : In Hamburgs Olympiakonzept ist der Standort des Spring- und Dressurderbys an bewährter Stelle festgeschrieben – so wie seit 1920 bewährt und in aller Welt bekannt.

Zurück nach Klein Flottbek. Wie lange ist die Haupttribüne so noch tragbar – im wahrsten Sinn des Wortes?

Wulff : Wenn nicht rasch etwas passiert, haben wir Probleme, die Klasse des Pferdeereignisses zu halten. Es muss von Grund auf Neues her. Die Konkurrenz hat mächtig investiert. Shanghai, Abu Dhabi, Madrid, London und Rom, aber auch Aachen und Mannheim. Ich kann nur warnen: Hamburg darf nicht hinterherhinken.

Die Stadt setzt auch auf private Investitionen. Können Sie das leisten?

Wulff : Wir sind an Vertragslaufzeiten gebunden, da besteht folglich kein großer Spielraum. Man darf nicht übersehen, dass der NFR und wir seit 2000 mehr als 1,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln für den Erhalt der Anlage bezahlt haben. Sonst wäre die Situation noch schlimmer.

Besonders die mit 300.000 Euro dotierte Global Champions Tour lockt die Weltstars nach Hamburg. Wie lange ist das noch gesichert?

Wulff : Der Vertrag läuft bis 2018. Es bestehen gute Aussichten, dass er erneut um fünf Jahre verlängert wird.

Im Derby fehlten zuletzt die ganz großen Namen. Wie wollen Sie das ändern?

Wulff : Wir haben den Parcours – bekanntlich der längste und schwerste der Welt – angepasst und pferdegerechter gemacht, auch um das Verletzungsrisiko zu mindern. Außerdem wurde das Preisgeld seit 2000 auf aktuell 180.000 Euro verdoppelt. Früher war das Derby der absolute Höhepunkt. Heute haben wir am Sonnabend die Global Champions Tour als eine der weltweit höchstdotierten Prüfungen und am Sonntag das Blaue Band für Spezialisten. Somit besteht doppelte Spannung und Klasse.

Und das Dressurderby?

Wulff : Durch den seit zwei Jahren praktizierten, international ausgeschriebenen Pferdewechsel und Preisgelder von 60.000 Euro wurde die Attraktivität noch gesteigert. Das Ergebnis in diesem Jahr kann sich sehen lassen: Neben den deutschen Teilnehmern freuen wir uns auf 20 Reiter aus zwölf Nationen. Unser Ziel ist es, die Dressur auf 100.000 Euro Preisgeld aufzustocken und als Fünf-Sterne-Wettbewerb auszutragen.

Der Mittwoch läuft mit vollständigem Programm bei freiem Eintritt außerhalb der Reihe. Ändern Sie das bald?

Wulff : Ja, der Mittwoch ist nicht länger zu verheimlichen. Wahrscheinlich lassen wir ihn schon im kommenden Jahr als offiziellen Turniertag laufen – als zusätzlichen Schnuppertag für kleines Geld und mit attraktiverem Programm. Dann hätten wir 2016 fünf Veranstaltungstage.

Der sportlich hochwertige Charakter wird durch mangelnden gesellschaftlichen Glanz ein wenig getrübt. Warum gibt es keine Abendveranstaltung?

Wulff : Leichter gesagt als getan. Ein Event im Rathaus würde nur Sinn machen, wenn alle Aktiven präsent sind. Die sind aber praktisch von acht bis 21 Uhr auf dem Parcours im Einsatz. Klein Flottbek ist für Reiter ein Fulltime-Job. Und öffentliche Abendereignisse in einem Wohngebiet sind nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Ab 22 Uhr besteht ein strikter Schallemissionsschutz.

Wer sind Ihre Derbyfavoriten?

Wulff : Das große Potenzial für Überraschungen macht den Reiz. Wenn ich nur an den Coup des krassen Außenseiters Gilbert Tillmann 2013 auf dem 19-jährigen Wallach Hello Max denke. Diesmal könnten der Ire Michael Duffy und der Brite Nigel Coupe weit vorne landen. Und vielleicht triumphiert Lokalmatador Nisse Lüneburg mit Calle Cool zum dritten Mal. Dann würden die beiden im kommenden Jahr auf 150.000 Flyern verewigt werden.