Einfach mal abschalten und nicht an den Druck denken. Das deutsche Curling-Team nutzte den Ruhetag in Sotschi zu einem Ausflug in die Berge. In den ausstehenden fünf Partien soll noch eine Überraschung her. Psychologe Weidig hat viel Aufbauarbeit zu leisten.

Sotschi. Der Ruhetag kam den deutschen Curlern gerade recht. Nach vier bitteren Niederlagen bei der olympischen Premiere nutzten sie den Donnerstag für einen Ausflug in die Berge. Einfach mal den Kopf frei kriegen und keinen Frust aufkommen lassen. „Die zum Teil knappen Spiele lasten schon auf den Seelen“, sagte Skip John Jahr. Der 48-Jährige kennt seine Hamburger Jungs aber schon seit Ewigkeiten, er achtet darauf, dass die Stimmung nicht kippt.

Kurz vor der Halbzeit der Vorrunde im „Ice Cube“ von Sotschi im Modus Jeder gegen Jeden sind die Norddeutschen vom Curling Club Hamburg Tabellenletzter. „Man muss bedenken, wir waren zu Saisonbeginn noch zweitklassig“, sagte Sportdirektor Rainer Nittel, „wir sind nicht unzufrieden. Enttäuscht sind wir nur, dass wir den Lohn für unsere Arbeit nicht eingefahren haben“.

Der ehemalige Eishockey-Bundestrainer der Frauen gibt zu bedenken, dass die Deutschen die Mitfavoriten der Spiele phasenweise sogar kontrolliert haben. „Unsere bisherigen Gegner haben zum Teil sechs, sieben, acht WM-Titel gewonnen und waren schon öfter bei Olympia. Großes Kompliment, wir haben alle Spiele bis zum Ende offengehalten“, lobte Nittel.

Damit den Olympia-Novizen noch die eine oder andere Überraschung gelingt, ist neben dem Ausflug in den Schnee auch Psychologe Thorsten Weidig gefragt. „Wenn alles toll läuft, ist er nicht so gefordert“, sagte Jahr. Weidig filmt die Spiele, analysiert in Ruhe und achtet auf ein ausgeglichenes Teamgefüge.

Seit einem Jahr betreut er die Curler in Abstimmung mit dem Hamburger Olympia-Stützpunkt und hat jegliche Anfangsskepsis widerlegt. „Was Erfolg ausmacht, sind viele unscheinbare Schritte“, erzählt der ehemalige Angestellte des Fußball-Bundesligisten HSV. „Ich kritisiere die Sportler nicht, ich stelle nur manchmal unbequeme Fragen.“

Rechnerisch ist für die Deutschen in den verbleibenden fünf Gruppenspielen zwar das Erreichen des Halbfinals noch möglich, aber der Weg dahin ist weit. Am Freitag kommt es gegen die USA (6 Uhr MEZ) und die Schweiz (16 Uhr MEZ) zur Vorentscheidung über ein frühes Olympia-Aus.