Als Jugendliche sind sie noch gegeneinander Ski gefahren, dann trennten sich ihre Wege: Medaillenhoffnung Felix Neureuther zählt in Sotschi auf einen ganz besonderen Fan: Fußball-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger.

Sotschi. Wenn Felix Neureuther am Freitag ins Flugzeug nach Sotschi steigt, bleibt einer seiner besten Kumpels mit einem schlechten Gewissen zurück. „Vielleicht“, sagt Bastian Schweinsteiger, „sollte ich nach Sotschi mitfahren...“ Der Fußball-Nationalspieler hat schließlich „eine hundertprozentige Quote“, gibt auch Neureuther zu bedenken.

Wann immer „der Basti“ im Weltcup dabei war, hat Neureuther gewonnen. Ob am Neujahrstag 2013 beim Parallel-Slalom in München, oder vor drei Wochen beim Slalom in Kitzbühel. Diesmal aber ist Schweinsteiger unpässlich, nach langer Leidenszeit hat er ja erst am Mittwoch sein Comeback für den FC Bayern gegeben. Und jetzt?

Er traue seinem Freund bei Olympia auch solo „sehr viel zu“, sagt Schweinsteiger: „Die Willis stehen schon bereit.“ Willis? „In Kitzbühel haben wir uns noch getroffen, da war eine überragende Stimmung“, erzählt Neureuther. Irgendwann habe ein Kellner ihnen ein „riesiges Tablett“ voller Birnenschnaps gebracht. Es entspann sich eine lustige Feier, in deren Folge Neureuthers Siegertrophäe zu Bruch ging. Wenn Schweinsteiger jetzt „die Willis“ bereithalte, „wird's gut“, meint Neureuther.

Dass Schweinsteiger ihn in Sotschi nicht unterstützen kann, findet Neureuther dennoch schade. Weil seine Freundin, die Biathletin Miriam Gössner, verletzt fehlt, hätte er sich gerne mit ihm ein Zimmer im Olympischen Dorf geteilt, sagt er scherzhaft. Es wäre „ziemlich cool gewesen“, mit Schweinsteiger „Sotschi unsicher“ zu machen. Und der Gedanke ist gar nicht so abwegig.

Schweinsteiger, der aus Oberaudorf bei Rosenheim stammt, war in seiner Jugend ebenfalls ein begabter Ski-Rennläufer. Um 1994, die beiden waren gerade einmal zehn Jahre alt, hätten sie sich auf der Skipiste kennengelernt, erzählt der Bayern-Star. Vier Jahre kämpften sie gegeneinander um Pokale und Medaillen, bis sich ihre Wege trennten. Erst, als beide bekannt geworden waren, fanden sie wieder zueinander.

Schweinsteiger zieht Neureuther seitdem immer wieder gerne damit auf, dass er das letzte Duell im Schnee für sich entschieden hatte. „Da hat sein Papa, der Fred, sicher Wunderwachs ausgepackt, von dem ein kleines Döschen 5000 Euro kostet“, sagt Neureuther: „Und mein Vater hat mir noch schön Honig auf den Ski geschmiert, damit der Herr Schweinsteiger auch mal ein Rennen gewinnen darf.“ Der Nationalspieler habe mit dem Fußball „die richtige Entscheidung getroffen“. Schweinsteiger könne jetzt „bei den Gegenspielern einfädeln, nicht mehr bei den Torstangen“.

Kleine Neckerein wie diese gehören für beide dazu. „Das letzte Fußballspiel habe ganz klar ich gewonnen. Eins gegen eins, ich gegen den Basti, 10:0“, frotzelt Neureuther grinsend. Tatsächlich aber ist die Achtung vor der sportlichen Leistung des jeweils anderen bei beiden ebenso groß wie der Respekt voreinander. „Der Basti ist ein Riesenmensch für mich, einer der größten Sportler, die wir in Deutschland jemals hatten und haben. Es ist ziemlich cool, dass sich so was wieder verbunden hat“, sagt Neureuther.

Fast täglich schreiben sie sich SMS oder telefonieren, einmal im Jahr ist Schweinsteiger bei Familie Neureuther zum Essen eingeladen. „Er hat einen klaren Kopf, schaut auch über den Tellerrand hinaus und ist einfach eine große Persönlichkeit mit einem sehr guten Herzen“, sagt Schweinsteiger über den WM-Zweiten im Slalom.

Neureuther sei überdies „mental stärker geworden“, hat Schsweinsteiger beobachtet. Auch deshalb sieht er den Freund in Riesenslalom (19. Februar) und Slalom (22.) als Medaillenkandidat. Neureuther weiß: „Wenn ich das mache, was ich am besten kann, wird es sehr schwer für die anderen, schneller zu sein als ich.“

Und wenn es wirklich klappt mit einer Medaille, will er mit Schweinsteiger anstoßen. „Die Willis“, lässt er ihm ausrichten, „warten nämlich auch auf dich!“