Der Trainer der HSV-Handballer spricht nach dem zweiten Big Point in Folge über die Fähigkeit des Tabellenführers, Spiele zu drehen.

Hamburg. Christoph Wendt, der Prokurist der HSV-Handballer, war noch Stunden danach "fix und fertig", Vereinspräsident Andreas Rudolph gefiel am Drehbuch des 32:31-(13:16)-Sieges gegen die Rhein-Neckar Löwen eigentlich nur das Happy End. "Solche Spiele brauche ich nicht jede Woche."

Selbst der Boss kann es sich offenbar nicht aussuchen. Innerhalb von acht Tagen hatten die Hamburger zweimal denselben Plot nachgespielt, erst gegen den THW Kiel (26:25), jetzt gegen die Löwen aus Mannheim. Die Geschichte, übrigens auch bei ihrer Wiederholung ein großer Publikumserfolg in der O2 World, geht so: starker Gegner, HSV kämpft, macht Fehler, Gegner führt, erst knapp, später klar. Halbzeit. Trainer laut, Spieler sputen sich, holen auf, Gegner wackelt, Torhüter hält, Pole trifft. Jubel. Tabellenführung.

Es war der November, der als Lackmustest der Meisterschaftsfähigkeit des HSV angesehen worden war, und nach den vergangenen drei Heimsiegen gegen direkte Konkurrenten darf dieser nun als mit Auszeichnung bestanden angesehen werden. Fakt ist: Gegenüber der vergangenen Saison, als der HSV mit einem Punkt Rückstand auf Kiel zum dritten Mal deutscher Vizemeister wurde, hat die Mannschaft jetzt zwei Zähler mehr auf ihrer Habenseite. Dass die Hamburger in der Rückrunde bei allen Verfolgern auswärts anzutreten haben, in Berlin, in Kiel, in Mannheim und in Flensburg, mag eine Hypothek sein oder doch nur eine Herausforderung. "Vielleicht haben wir uns ja vorher schon ein kleines Punktepolster erarbeitet", sagt Trainer Martin Schwalb.

Aber darüber will er im Grunde gar nicht reden. Am Sonnabend geht es in die Slowakei, dort am Sonntag in der Champions League (16 Uhr, Eurosport live) gegen den robusten Riesen von Tatran Presov, am Montag kurz vor sechs Uhr zurück nach Hamburg, am Mittwoch zum VfL Gummersbach. "Ich habe gar keine Zeit, mir über etwas anderes als den nächsten Gegner Gedanken zu machen", sagt der Coach. Zumal Marcin Lijewski, 33, ausfällt. Den Siegtorschützen gegen Kiel und Mannheim schmerzt der rechte Knöchel. Der Linkshänder, der Einzige im rechten Rückraum, soll die Blessur so gut es geht so schnell wie möglich auskurieren. Auf dem Transfermarkt tätig werden will der HSV dennoch nicht. Schwalb: "Das Angebot gibt nichts her."

Die Hamburger werden sich weiter auf ihre eigenen Stärken besinnen müssen, die beachtlich sind und ihnen in der Bundesliga zu elf Siegen in Folge verholfen haben. "Die Mannschaft ist stabiler geworden, die Spieler fühlen sich in ihren Rollen sehr wohl. Dass der Motor in der ersten Halbzeit manchmal stottert, ist vielleicht jenem Rest Unsicherheit geschuldet, dass das Team die hinzugewonnene Stärke noch nicht genau einzuschätzen und umzusetzen weiß", sagt Schwalb. Da schwanke die Mannschaft gelegentlich zwischen Selbstsicherheit und Selbstzweifeln.

Zum Glück hat der Trainer sein Interventions-Instrumentarium. Das Wichtigste ist die Umstellung der Abwehrsysteme, vom defensiven 6-0, alle am Kreis, auf das offensive 3-2-1, drei am Kreis, drei davor. Der HSV, was selten auf höchstem Niveau ist, beherrscht beide. Der Wechsel auf die offensivere Variante löst durch die geforderte höhere Laufleistung zudem einen Mobilitäts- und Aufmerksamkeitsschub aus. Kiel und Mannheim vermochten dem neuen Energiefeld am Ende nichts entgegenzusetzen. Schwalb: "Wir können, wenn nötig, die Reset-Taste drücken. Das ist unsere Stärke."