Die HSV-Handballer ließen dem Team aus Nordrhein- Westfalen keine Chance und spielten eine der besten Halbzeiten der Vereinsgeschichte.

Hamburg. Auf dem Weg in die Kabine klatschten sich die HSV-Handballer ab, ihre Gesichtszüge waren gelöst, ja, befreit. Sie beglückwünschten einander zu einer außergewöhnlichen Leistung und trugen ein Lächeln auf den Lippen, wie man es nur bei Siegern sieht. Auf die Huldigungen der Zuschauer in der O2 World aber gingen sie nicht ein, was ihnen niemand verübelte. Es waren ja noch 30 Minuten zu spielen.

Der erste Durchgang war eine der besten Halbzeiten der HSV-Geschichte

Doch schon jetzt war klar: Die Hamburger würden nicht zu früh gefeiert haben. Sie führten mit 20:11 gegen den TuS N-Lübbecke, und hinter ihnen lag eine der besten Halbzeiten in der Geschichte dieses noch jungen Vereins. Hans Lindberg, der Torschützenkönig der vergangenen Saison, hatte ihr soeben das würdige Finale verliehen mit einem Tor wie von Zauberrückhand, bei dem sich jeder durchschnittlich beschlagene Spieler vermutlich das Gelenk ausgekugelt hätte.

So konnte es fast nicht weitergehen, aber die Hamburger hatten sich noch genügend Spiellust bewahrt, um mit 40:27 den höchsten Erfolg der Bundesligasaison mit La-Ola-Wellen zu feiern. Und es passte ins harmonische Bild, dass sich am Ende sogar Nachwuchsspieler Marcel Schliedermann den ersten Eintrag in die Torjägerstatistiken der Liga sicherte.

Zwei Dinge hätte man bei alldem fast vergessen. Erstens, dass Trainer Martin Schwalb auf drei Leistungsträger - aber wer ist das nicht in diesem Team? - verzichten musste: Matthias Flohr (Rückenprobleme) und Stefan Schröder (Oberschenkelzerrung) hatten neben dem Langzeitverletzten Krzysztof Lijewski Platz genommen. Zweitens, dass es der gleiche Gegner war, den der HSV in der Vorsaison nur unter Zuhilfenahme eines siebten Feldspielers bezwingen konnte und mit dem er auch im Pokal Mühe hatte. Es war gestern nicht mehr als eine Fußnote.

Diesmal wurde der Unterschied zwischen zwei Plus- und zwei Minuspunkten in der Tabelle schonungslos aufgedeckt. Da konnten die Lübbecker sich noch so ausgeklügelte taktische Anweisungen zurufen und hinter Codeziffern getarnte Spielzüge starten: Sie endeten fast immer weit vor der Hamburger 3-2-1-Deckung, an deren Spitze Igor Vori den Gästen jede Freude an ihrem Beruf nahm.

Spaß hatte an diesem Abend nur der HSV, auch weil die Fehlerquote auf einen historischen Tiefstand fiel: Über zwei technische Fehler und sechs Fehlwürfe in der ersten Halbzeit konnte Schwalb milde hinwegsehen. Denn seine Mannschaft, und in diesem Fall muss diese Floskel erlaubt sein, überrannte ihren Gegner buchstäblich. Allein in der ersten Halbzeit resultierten sieben Tore aus Tempogegenstößen. Nicht selten war Johannes Bitter der Ausgangspunkt. Bevor der Nationaltorhüter nach 44 Minuten für Per Sandström wich, hatte er elf von 26 Würfen auf sein Tor parieren können und nach dem 30:26-Sieg am Sonntag in Montpellier einen weiteren eindrucksvollen Leistungsnachweis erbracht.

Hamburgs Handballer haben nun drei Auswärtsspiele vor sich

"20 Tore in jeder Halbzeit sprechen für die Qualität, die wir heute an den Tag gelegt haben", sagte Bitter, "wir haben heute anders als in Montpellier immer den Blick für den freien Mann gehabt." Am Ende konnten die Fans ihre Lieblinge beruhigt auf die nächsten Auswärtsfahrten verabschieden, die den deutschen Pokalsieger nach Veszprem, Dormagen und Kolding führen. Gegen einen HSV wie den gestrigen dürfte auch diesen Mannschaften der Spaß vergehen.

Tore, HSV: Lindberg 10 (2 Siebenmeter), Vori 9, Kraus 4, B. Gille 3, Lackovic 3, Hens 3, M. Lijewski 3, Duvnjak 2, Jansen 2, Schliedermann 1; Lübbecke: Tluczynski 5 (3), Gustafsson 4, Olafsson 4, Svensson 3, Just 3, Niemeyer 2, Siodmiak 2, Alvanos 1, Loke 1, Konitz 1, Remer 1. SR: Schulze/Tönnies (Magdeburg/Dodendorf). Z.: 8146. Zeitstrafen: 3; 3.

Die aktuelle Tabelle der Handball-Bundesliga

1. Füchse Berlin 6 6 0 0 156:130 12:0

2. THW Kiel 6 5 0 1 199:137 10:2

3. HSV Hamburg 6 5 0 1 204:157 10:2

4. Rhein-Neckar Löwen 6 5 0 1 185:169 10:2

5. SG Flensburg-Handewitt 7 5 0 2 212:181 10:4

6. VfL Gummersbach 5 4 0 1 152:139 8:2

7. Frisch Auf Göppingen 5 3 1 1 144:131 7:3

8. SC Magdeburg 4 3 0 1 127:115 6:2

9. TV Großwallstadt 4 3 0 1 109:113 6:2

10. TBV Lemgo 5 2 1 2 144:145 5:5

11. DHC Rheinland 4 1 0 3 91:110 2:6

12. TuS N-Lübbecke 5 1 0 4 132:154 2:8

13. TSV Hannover-Burgdorf 5 1 0 4 125:155 2:8

14. TSG Friesenheim 6 0 2 4 147:180 2:10

15. HSG Ahlen-Hamm 5 0 1 4 123:149 1:9

16. HBW Balingen-Weilstetten 5 0 1 4 129:165 1:9

17. HSG Wetzlar 5 0 0 5 122:145 0:10

18. MT Melsungen 5 0 0 5 120:146 0:10