Torwart Johannes Bitter sichert seinen dezimierten HSV-Handballern beim 30:26 in Montpellier einen geglückten Start in der Champions League.

Montpellier. Auf eine 5-1-Deckung, die mit äußerst aggressiv noch milde umschrieben ist, waren die HSV-Handballer vorbereitet. Auch dass 8500 Zuschauer in der nagelneuen Arena ein ordentliches Spektakel aufführen würden, kam durchaus nicht unerwartet. Und vom früheren Welthandballer Nikola Karabatic wusste man, dass er nichts von seiner manchmal buchstäblichen Durchschlagskraft eingebüßt hat. Auf all das hatten sich die Hamburger also eingestellt vor ihrem gestrigen Spiel beim französischen Meister Montpellier. Nur nicht darauf, beim Start in die Champions-League-Saison weitgehend ohne Linksaußen und ohne Halbrechten bestehen zu müssen. Genau dieser Fall aber ist eingetreten.

+++Karabatic: "Der HSV muss auch mal Titel gewinnen"+++

Insofern hat der 30:26-(12:15)-Sieg eine lange nicht benötigte Fähigkeit des deutschen Pokalsiegers herausgekitzelt: Zur Not ist er ein Meister des Improvisierens. 23 Minuten waren gespielt, als Torsten Jansen nach einem Foul an besagtem Karabatic die dritte Zeitstrafe erhielt. Da Matthias Flohr die Reise nach Südfrankreich aufgrund von Rückenproblemen erst gar nicht angetreten hatte, war der linke HSV-Flügel somit verwaist. Wenig später nahm Karabatic auch den einzigen Linkshänder im Rückraum aus dem Spiel: Marcin Lijewski erlitt bei einem Zusammenprall mit ihm einen schmerzhaften Pferdekuss und konnte nicht weitermachen. Sein Bruder Krzysztof steht nach seiner Schulteroperation ohnehin noch nicht zur Verfügung. Hamburgs Trainer Martin Schwalb musste also Kreisläufer Bertrand Gille nach linksaußen bestellen und dessen Bruder Guillaume in den rechten Rückraum.

Kurzum: Das Schicksal schien sich gegen den HSV zu wenden, der bis dahin seine liebe Not hatte mit dem schnellen Angriffsspiel der Franzosen. Aber ein Handballspiel dauert 60 Minuten, in der heutigen Zeit zu lange, als dass es von sieben Spielern auf konstant hohem Niveau gehalten werden könnte. Nach Karabatics Tor zum 15:11 (27.) wollte Montpellier 13 Minuten lang kein Tor mehr gelingen. An Versuchen mangelte es nicht, aber Johannes Bitter schien jeden von ihnen im Ansatz zu entlarven. 15 Würfe konnte der Hamburger Nationaltorwart laut Statistik parieren, die gefühlte Quote lag noch deutlich darüber. "Für ihn freut es mich besonders", bekannte der sportliche Leiter Christian Fitzek und erinnerte an öffentliche Diskussionen über die Frage, ob sich die Torhüterhierarchie beim HSV nicht zugunsten von Per Sandström gedreht habe.

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass Schwalb seine Abwehr auf die stabile 6-0-Taktik umgestellt hatte, was dem Gastgeber gar nicht behagte. "Damit waren wir nicht mehr so anfällig", sagte Bitter. Und kaum dass Branislav Obradovic in der 40. Minute erstmals wieder den Weg an ihm vorbeigefunden hatte zum 16:16-Ausgleich, sah auch er die Rote Karte.

Sein Ausfall ließ sogar den Hallensprecher vorübergehend verstummen, gegen dessen marktschreierische Durchsagen der HSV später offiziell Protest einlegte. Und er eröffnete dem HSV fortan auch im Angriff neue Wege, wie Fitzek erkannte: "Montpellier hat die Deckung aufgemacht, das hat es uns leichter gemacht. So kommst du zur Not auch ohne Linkshänder aus."

Ob dieser Notfall auch Mittwoch im Bundesliga-Heimspiel gegen den TuS N-Lübbecke (20.15 Uhr, O2 World) eintritt, wird sich kurzfristig erweisen. Lijewskis Ausfall wollte die medizinische Abteilung bislang nicht bestätigen. An Flohrs Einsatz wird es nach Lage der Dinge nicht scheitern. Noch dringender würden die beiden wohl am Sonnabend beim Spiel in Veszprem gebraucht. Gewinnt der HSV auch beim ungarischen Meister, wäre der Weg zum angestrebten Gruppensieg in der Champions-League-Vorrunde und damit zu einem günstigen Los im Achtelfinale geebnet.

Seit gestern ist auch der nächste Gegner im DHB-Pokal bekannt. In der dritten Runde muss der HSV beim HC Empor Rostock antreten. Der zehnmalige DDR-Meister ist aktuell Tabellendritter der Zweiten Bundesliga Nord. Dieses Los bescherte der frühere Welthandballer Daniel Stephan dem Titelverteidiger. Das Spiel findet am 19. oder 20. Oktober statt.

Tore, Montpellier: N. Karabatic 6, Guigou 4 (3 Siebenmeter), Bojinovic 4 (2), Juricek 4, Kavticnik 4, Tej 2, Accambray 1, Obradovic 1; Hamburg: Duvnjak 6, Lackovic 5, Kraus 4, Vori 4, Lindberg 4 (2), B. Gille 2, G. Gille 2, Jansen 1, M. Lijewski 1, Hens 1. Schiedsrichter: Stolarovs/Licis (Lettland). Zuschauer: 8500 (ausverkauft). Zeitstrafen: 8; 7. Rote Karten: Jansen (24.), Obradovic (40.) nach je drei Zeitstrafen.