Ein ganz früher Rückschlag im Titelkampf: HSV-Handballer verlieren zum Bundesligaauftakt in Göppingen verdient mit 30:32 (13:17).

Göppingen/Stuttgart. Am Morgen danach war die Stimmung am Frühstücksbüfett entsprechend einsilbig. Spieler und Trainer liefen mit ernsten Mienen durch den Saal, die meisten stocherten in ihrem Essen herum, richtig schmecken wollte die Mahlzeit keinem. Nur Physiotherapeut Niklas Albers wusste Positives zu vermelden: "Alle sind gesund!" Die Handballer des HSV hatten den Auftakt zur neuen Bundesliga offensichtlich körperlich unversehrt überstanden. Was die 30:32-(13:17)-Niederlage bei Frisch Auf! Göppingen in ihren Köpfen angerichtet haben mag, darüber kann nur spekuliert werden. Sportchef Christian Fitzek jedenfalls gab vor dem Rückflug nach Hamburg die Losung für die nächsten Tage aus: "Wunden lecken, Mund abwischen, weitermachen!" Nationalspieler Matthias Flohr, ein angehender Mathematiker, konnte seine Kollegen schließlich beruhigen: "Nach einem Spieltag ist die Meisterschaft nach meinen bisherigen Berechnungen nicht entschieden."

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Denn spaßig werden die nächsten Wochen bei den bekannten Ansprüchen des Vereins und dessen - diesmal geschäftlich abwesenden - Präsidenten Andreas Rudolph nicht. HSV-Trainer Martin Schwalb ahnt bereits, "dass uns unruhige Zeiten bevorstehen". Die zwei Minuspunkte drohen die Hamburger die gesamte Serie über als Hypothek mitzuschleppen. In der vergangenen Saison, als der HSV mit 35:36 ebenfalls in Göppingen verlor, es blieb die einzige Auswärtsniederlage, fehlten diese am Ende zum Titelgewinn. "Wir sollten nicht schon wieder in die Ferne schweifen, sondern uns mit dem Naheliegenden beschäftigen. Das sind die nächsten zwei Heimspiele. Und die werden jetzt schwer genug", mahnt Schwalb.

Dabei hatte es 20 Minuten lang nach einem gelungenen Saisonauftakt ausgesehen. Die Deckung stand kompakt, nahm die starken Rückraumschützen der Göppinger um Lars Kaufmann zunächst aus dem Spiel, im Angriff wurde flott kombiniert und effektiv von Blazenko Lackovic und Marcin Lijewski abgeschlossen. Nur Bertrand Gille klebte das Harz, mit dem sich die Handballer ihre Wurfwerkzeuge einschmieren, wie Pech an den Händen. Der französische Kreisläufer vergab beste Torchancen gleich dreimal frei stehend aus sechs Metern. Statt klar in Führung zu liegen, musste sich der HSV mit einem 10:10-Gleichstand begnügen. Dann passierte, was in Handballspielen regelmäßig passiert. Die eine Mannschaft trifft, Göppingen über seinen Außen Christian Schöne und Dragos Oprea, die andere, der HSV, nicht mehr. Nach 44 Minuten führte Frisch Auf! 25:20, und die Zuschauer in der engen EWS-Arena tobten vor Begeisterung. Vor allem in Eins-gegen-eins-Situationen, in den Zweikämpfen zeigten die Hamburger in dieser Phase ungewohnte Schwächen. Schwalb kritisierte: "Wir haben zu viele einfache Tore kassiert."

Eine Mannschaft der Klasse des HSV weiß sich dennoch zu wehren. Sie kämpfte, zeigte Biss, und als Lijewski in der 54. Minute mit seinem sechsten Treffer - bei nur sieben Versuchen - das 28:28 gelang, schien die Wende nah. Doch die Hoffnung starb als Erstes. Igor Vori kassierte kurz danach eine Zweiminutenstrafe, Hans Lindberg, stark trotz Bänderdehnung im linken Fuß, hämmerte einen Siebenmeter an den Pfosten, und beim Göppinger 32:30 von Michael Haaß prallte der Ball vom Pfosten an Torhüter Johannes Bitters Rücken und von dort ins Tor. Allerdings: Weder Bitter noch Per Sandström erwiesen sich in Göppingen als Rückhalt, allein 14 Tore kassierten sie nach Würfen von den Außenpositionen. "Mit ihren Leistungen kann ich nicht zufrieden sein", klagte Schwalb hinterher.

Sportchef Fitzek mühte ich nach der Ankunft in Hamburg um Optimismus: "Jede Mannschaft hat in der Bundesliga eine andere, mit der sie nicht zurechtkommt. Bei uns scheint das auswärts Göppingen zu sein, bei den Kielern ist das Lemgo. Göppingen haben wir nun hinter uns, die Kieler haben Lemgo noch vor sich. Also wird alles wieder gut!" Das zu glauben fällt nach diesem Spiel jedoch nicht leicht.