Der Ausrichter der nächsten Weltmeisterschaft muss möglicherweise ohne einen Teil seiner zwölf geplanten Spielstätten auskommen.

Johannesburg/Rio de Janeiro. Das Logo ist mittlerweile enthüllt , die Organisatoren verbreiten tapfer Optimismus, doch die Probleme werden eher größer als kleiner. Ganz abgesehen davon, dass die Nationalmannschaft bei der WM 2010 in Südafrika enttäuschte und bei dersowieso gewinnen muss: In vier Jahren ist Brasilien Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft, und wenn das Land nicht in den nächsten Monaten in endlich Bewegung kommt, drohen alle schönen Pläne zur Makulatur zu werden.

„Unglaublich, wie spät Brasilien dran ist“, hatte Jerome Valcke, immerhin Generalsekretär des Weltverbandes Fifa, vor zwei Monaten alarmiert festgestellt, und den Brasilianern erklärt: „Ihr müsst euch schon ins Zeug legen.“

Das Machen wir, versprach Ricardo Teixeira, OK-Chef, mächtiger Präsident des brasilianischen Verbandes CBF sowie ehemaliger Schwiegersohn des Fifa-Ehrenpräsidenten Joao Havelange. Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva prophezeit die beste WM, „die dieser Planet je gesehen hat“.

Doch Zweifel sind angebracht: Zwölf Stadien hat Brasilien vorgeschlagen, nur sechs hat die Fifa bislang gutgeheißen. In Belo Horizonte, Brasilia, Cuiaba, Curitiba, Manaus und Porto Alegre. In allen sechs Städten gibt es dennoch große Probleme, zumeist mit der Finanzierung. Der Neubau oder die Renovierung der Arenen stehen auf einer Liste von 86 Projekten, für die die Regierung 13,2 Milliarden Dollar bereitgestellt hat. Doch die Verteilung der Gelder gestaltet sich schwierig.

Die Kosten für die Renovierung des legendären Maracana in Rio de Janeiro, wo am 13. Juli 2014 das Endspiel stattfinden soll, sind mittlerweile auf 400 Millionen Dollar gestiegen, doch das Sorgenkind Nummer eins bleibt Sao Paulo, die größte Stadt des Landes und dessen wirtschaftlicher Motor. Das Morumbi, Stadion des sechsmaligen Meisters FC Sao Paulo, ist wie zwei weitere der zwölf WM-Arenen in privater Hand. Umgerechnet 287 Millionen Euro werden benötigt, um es für das Eröffnungsspiel in Schuss zu bringen.

Doch die Stadt verweigert dem FC Sao Paulo finanzielle Garantien. Der Klub will sich nicht verschulden und bevorzugt eine kleine, umgerechnet 128 Millionen Euro teure Lösung. Das hieße: kein Eröffnungsspiel in Sao Paulo, und keine Spiele ab dem Viertelfinale. Teixeira graut vor der Vorstellung, „dass die WM ohne Sao Paulo stattfindet“ - doch so wird es womöglich kommen.

Mit der Ausweitung auf zwölf Austragungsstätten wollen die Veranstalter den Fußball in alle Winkel des Landes bringen. Die fünf Großregionen haben mindestens einen Vertreter. Doch Manaus, die Stadt am Amazonas als Repräsentant des Nordens, und Cuiaba, Tor ins Pantanal-Gebiet als Zugkraft des Zentralwestens, sind ohne Team in den obersten beiden Profiligen. Den Stadien dort droht nach der WM Leerstand und Verfall.

Der Bundesdistrikt Brasilia wird zudem von einem der größten politischen Skandale in der Geschichte des Landes erschüttert, bei der Errichtung des Nationalstadions wurde noch kein Stein bewegt. Baustopp auch bei der „Arena Capibaripe“ in Recife. In Natal wird für die „Arena das Dunas“ gerade erst die Erde geebnet. In Manaus und Cuiaba reißen sie noch die Fassaden der alten Stadien ein, um Platz für die neuen zu schaffen. In Curitiba steht die Finanzierung auf besonders wackeligen Beinen.

Der Pessimismus beschränkt sich nicht auf die Stadien. Große Kopfschmerzen bereitet die Situation der Flughäfen, die schon heute in jeder Ferienzeit an die Grenze der Belastbarkeit stoßen. Laut einer Studie des Instituts für angewandte Ökonomie IPEA operierten die Airports für zehn der zwölf geplanten Austragungsstätten im Jahr 2009 über ihrer Kapazität. Und ohne Flughäfen bricht der Transport aufgrund der Dimensionen des Landes wohl zusammen.

Schon denkt die Fifa darüber nach, den Spielplan entsprechend anzupassen. „Brasilien ist ein Kontinent, nicht nur ein Land“, sagt Generalsekretär Valcke. Der Weltverband wird wohl zumindest für die Vorrunde vier Regionen einzurichten, um die Reisezeit zwischen den Spielorten auf ein bis zwei Flugstunden für Mannschaften und Fans zu begrenzen.

Einstweilen aber bleibt Teixeira wohl nur, auf den berühmten „Jeitinho“ der Brasilianer zu setzen: Das Geschick, in verzwickten Situationen den Kopf noch listig aus der Schlinge zu ziehen.