In Bochum überraschten die St.-Pauli-Angreifer John Verhoek und Christopher Nöthe mit einer ungewöhnlichen Geste. Trainer Michael Frontzeck spricht von „Entwicklungsprozess“.

Bochum/Hamburg. Es gibt Szenen, die mehr sagen als Worte. Als John Verhoek in Bochum den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich für den FC St. Pauli erzielt und damit die 302 Minuten lange Torflaute in Pflichtspielen beendet hatte, stürmte er Richtung Reservebank und nahm den ihm entgegenlaufenden Christopher Nöthe in seine Arme. Es war für ein paar Sekunden eine traute Zweisamkeit der beiden Stürmer, die eigentlich harte Konkurrenten um den Platz in der Startformation sind.

Wie zuvor im Heimspiel gegen Bielefeld (0:1) hatte sich St. Paulis Trainer Michael Frontzeck für den Niederländer Verhoek und damit gegen Nöthe entschieden, der in den ersten drei Pflichtspielen dieser Saison den Vorzug erhalten hatte. „Wir hatten uns fest vorgenommen, dass wir beide miteinander unser erstes Tor feiern, egal wer es schießt und wer auf der Bank sitzt“, erzählte Verhoek später. „Wir haben uns hier bei St. Pauli getroffen, uns gleich sehr gut verstanden und sind Freunde geworden. Wir haben hier beide Dreijahresverträge unterschrieben. Vielleicht werden wir ja auch bald einmal gemeinsam von Anfang an spielen. Dann müssen wir uns ja auch auf dem Spielfeld gut verstehen“, sagte Verhoek.

Tatsächlich stellte Trainer Frontzeck nach dem 2:2 (2:1) am Freitagabend beim VfL Bochum in Aussicht, dass er sich demnächst dazu entschließen könnte, Verhoek und Nöthe in die Startelf zu berufen, also mit zwei klassischen Zentrumsstürmern in ein Spiel zu gehen. „Wenn wir im Mittelfeld stabil genug sind, können wir das einmal versuchen“, sagte er. Zunächst aber freute sich Frontzeck über die gemeinsame Freudenszene seiner beiden Angreifer. „Das war ein wunderbares Zeichen. Es hat deutlich gemacht, dass die Mannschaft intakt ist“, sagte er dazu.

Dabei hing seine Entscheidung für Verhoek und gegen Nöthe maßgeblich mit der insgesamt nach vorn orientierten Ausrichtung zusammen. „Da wir auf Fabian Boll verzichten mussten, hatten wir auch auf den beiden ,Sechser‘-Positionen mit Florian Kringe und Christopher Buchtmann etwas offensivere Spieler. Daher wollte ich dann im Sturm einen Mann haben, der mehr nach hinten arbeitet. Es war aber eine ganz knappe Entscheidung“, sagte Frontzeck. Im Nachhinein konnte er sich damit bestätigt fühlen. Als doppelter Torschütze setzte Verhoek zudem dem nervenzehrenden Thema der Torflaute ein Ende. „Ich habe immer gesagt, dass wir Stürmer haben, die Tore schießen können“, sagte der Trainer.

Insgesamt freute sich der Coach darüber, wie sein Team mit dem 0:1-Rückstand Mitte der ersten Halbzeit umgegangen war. „Es war eine schwierige Situation für uns, nachdem wir eine Woche zuvor das Heimspiel gegen Bielefeld verloren und dabei einige Torchancen nicht genutzt hatten“, sagte der Trainer. „Meine Mannschaft hat aber eine tolle Reaktion gezeigt und zwei schön herausgespielte Tore erzielt.“

Frontzeck trauerte den ungenutzten Chancen auf das dritte Tor nach

Andererseits aber traten in der zweiten Halbzeit im Spiel des FC St. Pauli auch Schwächen zutage, die entscheidend dafür waren, dass es für die Hamburger nicht zum zweiten Saisonsieg reichte. Zu schnell verlor das Team nach abgewehrten Angriffen der Bochumer immer wieder den Ball. „Es ist sehr aufwendig und kräftezehrend, wenn man dem Ball immer wieder hinterherlaufen muss“, sagte Mittelfeldspieler Florian Kringe. In der Drangphase der Bochumer begünstigte zudem Torwart Philipp Tschauner mit einer viel zu kurzen Faustabwehr den Ausgleichstreffer der Bochumer zum 2:2-Endstand.

„Durch den Druck der Bochumer haben wir etwas den Faden verloren, und das strukturelle Spiel nach vorn hat etwas gefehlt“, sagte Frontzeck. Zudem trauerte er den Chancen nach, in der ersten Halbzeit gegen die zwischenzeitlich verunsicherten Bochumern noch einen dritten Treffer zu erzielen. „Es gehört zu unserem Entwicklungsprozess, dass wir so ein Spiel konsequenter zu Ende zu spielen“, sagte er.