Die Entscheidung gegen das Wellenmodell war erwartet worden. Spannend wird es dagegen am Dienstag auf der Mitgliederversammlung.

Hamburg. Das Mehrheitsverhältnis von 2:1 auf dem Podium war irrelevant. Zwar outeten sich Michael Meeske und Gernot Stenger noch einmal als Befürworter des Wellenmodells, doch gemeinsam mit Präsident Stefan Orth verkündeten Geschäftsführer und Vizepräsident das, was alle erwartet hatten. "Der Verein hat sich entschieden, die klassische, traditionelle Variante der Gegengerade zu bauen", erklärte Orth und zog damit einen Schlussstrich unter die leidenschaftlich geführte Diskussion der vergangenen Monate. Wirtschaftlichkeit, Bauzeit und Sicherheit hätten den Ausschlag für die mit Baukosten von zwölf Millionen Euro geplante und damit mindestens zwei Millionen Euro günstigere Variante gegeben, konkretisierte Orth, während Meeske den "ambitionierten Zeitplan" hervorhob, der eine umfassende Prüfung der Welle nicht zugelassen habe.

Genau diesen will ein Vereinsmitglied auf der heutigen Jahreshauptversammlung ausklammern. Einer der 20 gestellten Anträge sieht vor, das Präsidium daran zu binden, die Entscheidung über das Tribünenmodell aus- und den Stadionumbau erst 2013 fortzusetzen. "Wir werden zeitnah die klassische Variante bauen. Ich werde mich gerne der Diskussion mit dem Antragsteller stellen", so Orth. Das wird er heute ohnehin müssen. Die JHV verspricht eine kontroverse Veranstaltung zu werden.

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Die Profimannschaft hält nach dem 3:1-Sieg in Rostock den Aufstiegskurs, die U23 steht so gut da wie seit 21 Monaten nicht mehr, alle Nachwuchsteams spielen in der höchsten Spielklasse. Im Januar wird mit den Arbeiten zur neuen Gegengerade begonnen, die Anleihe entpuppt sich als herausragendes Erfolgsmodell, die Mitgliederzahlen liegen auf Rekordniveau, und das Geschäftsjahr 2010/11 sorgte mit einem Plus von 5,3 Millionen Euro für die beste Bilanz der Vereinsgeschichte. Doch obwohl die Zahlen kaum besser sein könnten und mit Ausnahme der Wahl eines Kassenprüfers keine Personalentscheidungen anstehen, dürften Orth, Stenger und Co. ab 18 Uhr mit einem mulmigen Gefühl auf der Bühne des Saals zwei im CCH Platz nehmen.

Neben der Forderung zur Aussetzung des Baus der Gegengerade werden die Mitglieder über einige Anträge abzustimmen haben, denen Unzufriedenheit und Misstrauen zugrunde liegen. Es hat sich eine Opposition formiert, die sich aus verschiedensten Fan- und Interessengruppen speist, eine zunehmende Kommerzialisierung beklagt, den Verlust der Vereinskultur fürchtet und sich mehr Abteilungsautonomie auf die rot-schwarzen Fahnen geschrieben hat. So soll das Präsidium angewiesen werden, ein Konzept zur Verkleinerung des VIP-Bereichs zu erarbeiten, Business-Seats der Haupttribüne in normale Sitzplätze umzuwandeln, das Stehplatzkontingent der neuen Nordtribüne zu vergrößern, Tanzeinlagen wie in der Loge von Susis Showbar zu verbieten sowie die A- und B-Junioren dem ideellen Bereich zuzuordnen. Letzter Punkt dürfte sich zum zentralen Streitfall des Abends entwickeln und schon zuvor thematisiert werden, wenn Alexander Gunkel den Bericht des AFM-Vorstands vorträgt und in seiner Rede den Austausch von Argumenten eröffnet. Heute sind die Mehrheitsverhältnisse im Saal bindend.