Der dritte Bauabschnitt am Millerntor auf St. Pauli kostet neun Millionen Euro und soll 2012 binnen dreieinhalb Monaten umgesetzt werden.

Hamburg. Der Gesamtetat des FC St. Pauli von 40 Millionen Euro in der Bundesliga schrumpft nach dem Abstieg auf 24 Millionen Euro, doch das infrastrukturelle Großprojekt wird fortgesetzt. Einsparungen bei den Personalkosten decken die Einnahmeverluste größtenteils ab. Und so wird im Millerntor-Stadion, während Sportchef Helmut Schulte und der neue Trainer André Schubert am Kader basteln, der dritte Bauabschnitt geplant. Und der wird angesichts eines Zeitfensters von nur dreieinhalb Monaten zur echten Herausforderung. Spiele vor drei Tribünen soll es diesmal nicht geben.

Im Dezember 2006 wurde mit dem Abriss der Südtribüne vom damaligen Präsidenten Corny Littmann der Neubau eingeleitet, im vergangenen Sommer war mit der Fertigstellung der Haupttribüne der zweite Akt abgeschlossen. Während der Start im Süden nach den Luftschlössern der vorangegangenen Jahrzehnte vor allem wegen der Signalwirkung für Stadt und Wirtschaft bedeutsam war und die Haupttribüne aufgrund der finanziell lukrativen Business-Seats und Logen eine wichtige Rolle einnahm, stehen nun die Fans im Mittelpunkt. Wie die alte wird auch die neue Gegengerade - das genaue Fassungsvermögen steht noch nicht fest - mehrheitlich Stehplätze beheimaten. Im Bauch der Tribüne entstehen neben Stadionkiosken auch Räumlichkeiten für Fanladen, die Abteilung Fördernde Mitglieder, Stadionwache und Fanräume e. V., eine Initiative, die bereits 200 000 Euro an Spenden für den Bau gesammelt hat und mindestens 400 000 Euro der Kosten übernehmen will. Die sind in Relation zu den vorangegangenen Abschnitten (14 und 20 Millionen Euro) mit etwa neun Millionen Euro vergleichsweise gering. Da die Stadt den gesamten Neubau mit 5,5 Millionen Euro unterstützt und bereits bei der kreditfinanzierten Haupttribüne als Bürge auftrat, sollte die Finanzierung trotz des Abstiegs das geringste Problem darstellen. Vielmehr beschäftigt die Verantwortlichen in Präsidium, Aufsichtsrat und Geschäftsführung der Zeitfaktor. Um Mindereinnahmen zu vermeiden und den organisatorischen Aufwand im Ticketing überschaubar zu halten, sollen zumindest die Dauerkartenbesitzer schon das erste Saisonheimspiel 2012/2013 von der Gegengerade aus verfolgen können.

Wolfgang Helbing, als Geschäftsführer der Millerntor-Stadionbetriebsgesellschaft (MSB) federführend bei der Rekonstruktion der Spielstätte, ist in der Planungsphase mehr denn je gefordert. St. Pauli wird das letzte Heimspiel idealerweise am 33. Spieltag, dem 29. April, austragen. Dann blieben dank der Fußball-Europameisterschaft etwa dreieinhalb Monate für Abriss und Neubau. Halbe Kosten - halbe Zeit.

Dass während der Arbeiten auf dem unmittelbar angrenzenden Heiligengeistfeld der Sommerdom stattfindet, stellt den Klub vor zusätzliche Platzprobleme bei der Einrichtung der Baustelle und diktiert einen detailliert getakteten Zeitplan. Und auch wenn St. Pauli und Generalunternehmer Hellmich mit deutlich mehr Fertigbauteilen als bei den vorherigen Abschnitten planen, könnten Verzögerungen im Ablauf einen weitreichenden Domino-Effekt nach sich ziehen. St. Pauli agiert wie ein Kurzstreckenläufer, der sich auf einen großen Wettkampf vorbereitet - die neue Gegengerade wird zum Sprint, bei dem alles passen muss.