Der FC St. Pauli kehrt in sein Stadion zurück und gewinnt sein letztes Testspiel vor dem Zweitliga-Auftakt gegen Ingolstadt mit 2:0 gegen Bröndby IF.

Hamburg. Wer es miterlebte, wird es so schnell nicht vergessen. Die überdimensionalen Lebkuchenherzen, mit denen St. Paulis Fans in einer beeindruckenden Choreografie die Zuneigung zu ihrem Trainerteam ausdrückten. Die dreiminütige Gänsehautrunde durch das Millerntor-Stadion, bei der sich der scheidende Chefcoach Holger Stanislawski immer wieder vor den Anhängern verneigte und sich mit der Hand auf das Herz klopfte. Die blamable 1:8-Niederlage gegen den deutschen Rekordmeister FC Bayern, die einen der bittersten Tage in der Klubgeschichte und den Abstieg St. Paulis aus der Bundesliga besiegelte. "Ein Stich ins Herz" titelte damals das Abendblatt.

Nur neun Wochen sind seither vergangen, und man kann konstatieren: das Herz schlägt wieder. Sowohl bei Stanislawski, der sich an seiner neuen Aufgabe in Hoffenheim erfreut als auch bei seinem ehemaligen Klub, der am Freitagabend bei seiner Rückkehr ins Millerntor-Stadion einen 2:0-Sieg im letzten Testspiel vor dem Saisonstart gegen den dänischen Erstligadritten Bröndby IF feierte. Die Treffer erzielten Sebastian Schachten (39.) und Fin Bartels (67.). Ein positiver Abschluss der kurzen Vorbereitung, in der sich neben dem neuen Trainerteam um Chef André Schubert auch die fünf Neuzugänge als belebende Elemente erwiesen. Mit Torhüter Philipp Tschauner (1860 München) sowie den Verteidigern Lasse Sobiech (Borussia Dortmund) und Schachten (Borussia Mönchengladbach) durften sich drei von ihnen am Freitag von Beginn an beweisen, Mittelfeldmann Patrick Funk (VfB Stuttgart) und Stürmer Mahir Saglik (VfL Bochum) wurden später eingewechselt.

Neu am Millerntor ist neben der Gestaltung des Stehplatzbereiches auf der Südtribüne, auf dem die Worte "VORAN SANKT PAULI" weiß auf braun in dicken Lettern prangen, auch die taktische Ausrichtung, mit der Schubert sein Team agieren lässt. Zwar will der 39-Jährige hin und wieder wie auch bei Stanislawski üblich auf ein System mit zwei defensiven Mittelfeldspielern in der Zentrale setzen, gegen Bröndby gab es jedoch die zuletzt verstärkt eingeübte Variante mit einer einfachen "Sechs" zu sehen. Eingenommen wurde die Position von Fabian Boll, der auch die Kapitänsbinde trug.

Bei der Wahl des Spielführers hatte der "Kommissar" Tags zuvor noch das Nachsehen gegen Amtsinhaber Fabio Morena gehabt. Weil dieser jedoch nach einem 60-Minuten-Einsatz in Osnabrück zunächst nur auf der Bank Platz nahm, trug Boll die Binde. Hatte Schubert beim 1:3 gegen die Niedersachsen ansonsten vielen seiner jungen Akteure Spielpraxis gegeben, ließ der Coach gegen die Dänen eine Elf auflaufen, die dem Aufgebot beim Zweitligaauftakt am kommenden Sonnabend in Lübeck gegen den FC Ingolstadt schon näher kommen dürfte. Im Vorfeld hatte Schubert dennoch nicht von einer Generalprobe sprechen wollen, zumal sich seinen Angaben zufolge ungewöhnlich viele Spieler Hoffnungen auf einen Platz in der Startelf machen dürfen. Die Frage, wie viele Positionen aus seiner Sicht denn noch offen wären, hatte er bei seinem Resumee nach dem Trainingslager in Bad Lippspringe mit "zwölf" beantwortet.

In der Offensive haben sich seine Wahlmöglichkeiten in der vergangenen Woche allerdings weiter eingeschränkt, da neben Rouwen Hennings (Leistenbruch) fürs erste auch Marius Ebbers (Muskelfaserriss) ausfällt. In der defensiven Zentrale wird Dennis Daube (Außenbandanriss) noch einige Wochen fehlen, in der Verteidigung Moritz Volz (Beinbruch). Carlos Zambrano, dessen Wechsel zu 1899 Hoffenheim an Nachwirkungen einer Sehnenverletzung gescheitert war, wird am Sonntag in Hamburg zurückerwartet und soll sich Tags darauf von den Vereinsärzten untersuchen lassen. Der Innenverteidiger soll sich bei der peruanischen Nationalmannschaft eine Muskelverletzung zugezogen haben.

Dass die Fans die Leiden der Abstiegssaison unbeschadet überstanden haben, zeigte sich gegen Bröndby spätestens als "St. Pauli" im Wechselgesang durch das Stadion schallte. Als Schiedsrichter Harm Osmers schließlich die unterhaltsame Partie beendete, gab es viel Applaus von den Tribünen und eine Ehrenrunde der Spieler mit ihrem Trainer. "Ich bin zufrieden, ohne in Euphorie auszubrechen", sagte Schubert später. "Wir haben relativ wenig zugelassen, dafür viel kreiert und einige Chancen schön rausgespielt. Die Jungs hatten ein gutes Tempo. Wenn man die Leidenschaft und die Emotionen noch hinzurechnet, dann sind wir in der Lage gute Spiele zu machen." Bis zum nächsten Auftritt am Millerntor müssen sich die zufriedenen Anhänger allerdings gedulden. Nach der Partie in Lübeck, geht es für den Kiezklub zunächst nach Frankfurt und im Pokal nach Trier. Das erste echte Heimspiel gibt es erst nach einer weiteren gefühlten Sommerpause - am 5. August gegen Aachen.

St. Pauli: Tschauner - Schachten (75. Rothenbach), Thorandt (75. Gunesch), Sobiech, Kalla - Boll (65. Morena) - Bartels, Kruse, Naki (75. Funk), Bruns - Takyi (56. Saglik)

Tore: 1:0 Schachten (39.) , 2:0 Bartels (67.)