Der Coach soll den Verein mit dem Klassenerhalt verlassen, in Wolfsburg müssen Punkte her. Der angeschlagene Boll beißt auf die Zähne.

Hamburg. Fabian Boll kann sich genau an die ersten gemeinsamen Tage mit Holger Stanislawski erinnern. Der Mittelfeldspieler des FC St. Pauli kickte bei den Amateuren des Kiezklubs und durfte einige Testspiele mit den Profis absolvieren. Stanislawski war bei diesen eine feste Größe als Innenverteidiger. "Ich hatte ein wenig Scheu vor dem großen Holger", erzählt Boll, "er wiederum wusste von jedem, der hochkam, den Namen und die Position. Das konnten nicht viele von sich behaupten."

Ein knappes Jahrzehnt ist seither vergangen. Stanislawski ist seit 2006 Bolls Trainer, gemeinsam schafften sie es von der Drittklassigkeit in die Bundesliga. Am Ende dieser Saison trennen sich nun die Wege, weil der Coach eine neue Herausforderung sucht. Am Mittwoch hatte der 41-Jährige seinen Abschied offiziell gemacht. Gestern bestätigte 1899 Hoffenheim erstmals konkrete Verhandlungen mit dem gebürtigen Hamburger. "Wir befinden uns in sehr zielführenden Gesprächen, wollen aber keine Wasserstandsmeldungen abgeben. Auch vor dem Hintergrund, dass Holger Stanislawski noch bei seinem Verein im Abstiegskampf steht", so Hoffenheims Manager Ernst Tanner.

"Für mich ist St. Pauli ohne Stani nicht vorstellbar", sagt Boll. "Dass er irgendwann seinen Abschied verkünden würde, war absehbar. Irgendwie ist es gut, dass die Katze jetzt aus dem Sack ist." Für die Mannschaft gilt es nun, nach der emotionalen Wochenmitte den Fokus wieder auf den Kampf um den Klassenerhalt zu legen. Noch fünf Spiele verbleiben, am Sonnabend (15.30 Uhr) steht das Duell beim direkten Konkurrenten Wolfsburg an. Nach sieben Niederlagen in Folge müssen dringend Punkte her.

"Wichtig ist, dass wir in den letzten fünf Wochen dem Stolz, den Stani uns vermittelt hat, gerecht werden und uns nicht von den Umständen beeinflussen lassen", meint Kapitän Fabio Morena, der mit Stanislawski fast ebenso lang zusammenarbeitet wie Boll. Morena hatte zuletzt wegen eines Ermüdungsbruchs pausieren müssen. Heute entscheidet sich, ob der 31-Jährige gegen Wolfsburg erstmals seit Mitte Februar wieder zum Kader gehören wird.

Für Torhüter Mathias Hain (Muskelfaserriss), der wieder mit der Mannschaft trainiert, käme ein Comeback noch zu früh. Max Kruse und Jan-Philipp Kalla stehen dagegen wieder zur Verfügung, sodass sich die schwierige Personalsituation immerhin ein wenig entspannt. Fabian Boll wird sich nach seinem Bänderriss wieder den Fuß tapen lassen und mit Schmerzmitteln spielen. "Die letzten Wochen überstehe ich auch noch", sagt er. "Wir wollen jetzt das Bestmögliche versuchen und Stani den Abgang gewähren, den er verdient hat." Der Abstieg soll verhindert werden - mit allen Mitteln.