Ein Kondolenzschreiben von Rainer Grünberg

St. Pauli weint. Dabei gäbe es Grund zur Freude. Trainer Holger Stanislawski, wenigstens er, und er hat es am allermeisten verdient, schafft am Saisonende ganz sicher den Klassenerhalt. Sein klammer Klub erhält 250 000 SAP-Euros Tränengeld, und, diese Botschaft vermittelt nun wirklich jeder dritte chinesische Glückskeks: In jedem Ende steckt schließlich auch ein Neuanfang.

Na dann man tau!, möchte man dem FC St. Pauli zurufen.

Jede Beziehung nutzt sich ab, selbst die schönsten und intensivsten oder gerade diese, und ein Fußball-Weiser wie Ottmar Hitzfeld hat einst, wir schreiben das Jahr 1997, nach dem Champions-League-Triumph mit Dortmund gesagt: "Jetzt müsste man den Trainer oder die Mannschaft austauschen." Hitzfeld wurde Sportdirektor, später ging er zum FC Bayern.

Nun wird das Jahr 2011 nicht als das ruhmreichste in die Geschichte des Kiezklubs eingehen, doch wer diese Saison verfolgt hat, dem schwant schon, dass Stanislawski sehr viel aus dieser Mannschaft herausgeholt hat; ob auch alles, bleibt hypothetisch.

Zweimal hat Stanislawski zuletzt die Reset-Taste gedrückt, bereits beim zweiten Mal klemmte sie. Auch deshalb muss ein personeller Neubeginn weder Gefühle der Ohnmacht auslösen noch Angst und Schrecken verbreiten. Holger Stanislawski hinterlässt einen Fußballklub, der sich sportlich unter seiner Führung zu den besten 20 in Deutschland entwickelt hat. Bei der Suche nach seinem Nachfolger sollte der FC St. Pauli nur auf eines achten: Eine Kopie des Amtsinhabers, wenn es sie denn gibt, würde am ständigen Vergleichen scheitern. Frische Impulse und andere Methoden dagegen sollten den Verein und manchen Spieler wieder neu beleben können.