Der Kiezklub beendet mit viel Kampf seine Negativserie, hat aber nun interne Probleme. Naki, Takyi und Zambrano wurden suspendiert.

Hamburg. Fußballmannschaften müssen spätestens seit Sepp Herbergers Zeiten nicht nur aus fünf Freunden bestehen, sondern aus elf. Bestenfalls sogar aus über 20, je nachdem, wie groß der Kader ist. Beim FC St. Pauli schien dies in der Vergangenheit der Fall zu sein, nur selten drangen Nachrichten über interne Querelen oder Verfehlungen nach außen. Das Mannschaftsgefüge schien besser als anderswo im Millionengeschäft Bundesliga. Umso größer war die Überraschung, dass Holger Stanislawski vor dem 1:0 vom Freitag gegen den 1. FC Kaiserslautern plötzlich vor einem unausweichlichen Fall für TKKG stand: "Trainer Kennt Keine Gnade".

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Aus disziplinarischen Gründen verbannte der Coach Innenverteidiger Carlos Zambrano sowie die Offensivakteure Deniz Naki und Charles Takyi auf die Tribüne. "Jede Mannschaft bewegt sich in einem gewissen Rahmen", sagte Stanislawski. "Ab und zu kommt es vor, dass jemand das Spielfeld verlässt, auf dem wir uns innerhalb unserer kleinen, illustren Gruppe bewegen, und dann muss man ihn daran erinnern, wo und wie er sich zu bewegen hat. Da muss ich einschreiten und die Konsequenzen aussprechen." Über die genauen Gründe, die zu der strengen Maßnahme geführt hatten, schwieg sich der 41-Jährige dagegen aus. Man wolle die Profis nicht an den Pranger stellen.

Ob das Trio für zu spätes Erscheinen beim Training beziehungsweise Feierlichkeiten außerhalb der erlaubten Zeiten bestraft wurde, wie es im Umfeld hieß, spielt letztlich keine Rolle. Es bleiben Disziplinlosigkeiten und unter dem Strich die Erkenntnis, dass Stanislawski aktuell mindestens drei Fragezeichen in seiner Truppe hat. Spieler, auf die er sich nicht uneingeschränkt verlassen konnte und die nach der Nicht-Berücksichtigung für ein Spiel von großer Bedeutung nun wieder in das Gefüge integriert werden müssen.

"Es ist wichtig, dass man zusammensteht. Wir leben von unserem Teamgeist", sagte Kapitän Fabio Morena, der bereits Gespräche mit den drei Tribünengästen führte. "Fakt ist, dass die Spieler auch weiter das Vertrauen genießen. Sie müssen sich nur so verhalten, dass das für uns als Mannschaft in Ordnung ist." Stanislawski erklärte, zum Wohle der Mannschaft gehandelt zu haben und alles weitere intern belassen zu wollen. Er ließ damit Raum für Spekulationen, ob den Spielern weitere Konsequenzen drohen oder sich die Angelegenheit mit der Verbannung für eine Partie erledigt hat, was mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall sein dürfte.

Gegen Kaiserslautern hatte sich nur das Fehlen Zambranos auf die erste Elf ausgewirkt. Weil der bisherige Partner des Peruaners, Markus Thorandt, rotgesperrt pausieren musste, schickte Stanislawski mit Morena und Ralph Gunesch eine komplett neue Innenverteidigung aufs Feld, ließ zudem Moritz Volz für Bastian Oczipka auf der Innenverteidigerposition ran. "Es ist schon ein gewisses Risiko, wenn du drei Leute in der Viererkette tauschst, aber auch ein großes Vertrauen in die Leute", meinte Stanislawski. "Ich sage den Leuten immer, dass der Tag X irgendwann für jeden kommt. Für manche dauert er dann nur 15 Minuten, aber genau dafür trainieren manche Leute 350 Einheiten im Jahr. Um da zu funktionieren und dem Verein die Bundesliga zu sichern."

Von weiteren Änderungen in der Startelf hatte Stanislawski abgesehen, auch wenn er bestätigte, bis zum Schluss über diese nachgedacht zu haben. Namentlich benannte er die Offensivkräfte Gerald Asamoah und Marius Ebbers, die zuletzt nicht besonders glücklich agiert hatten. Vor allem Ebbers zahlte dem Coach das Vertrauen mit einer engagierten Leistung zurück, allgemein zeichnete sich St. Pauli vor allem durch leidenschaftlichen Kampf aus. Eine alte Tugend des Kiezklubs, die angesichts des spielerischen Glanzes der Aufstiegssaison schon ein wenig angestaubt schien.

Dass am Ende ein Eigentor von Christian Tiffert die Entscheidung brachte, passte zur spielerisch mäßigen Partie, störte Stanislawski aber keineswegs. "Die Jungs haben sehr viel investiert", sagte der Coach. "Man muss auch sehen, dass man die Dinge erzwingt, und das haben die Jungs gemacht." Ein Treffer für die seit dem 3:2 gegen den 1. FC Nürnberg sieben Spiele torlose Offensive des Kiezklubs - die letzten eigenen Treffer erzielten seither die Verteidiger Thorandt und Zambrano - bleibt daher ein offener Fall, den es in den verbleibenden zwei Partien bis zur Winterpause zu lösen gilt.