Nach zwei Niederlagen steht Kölns ungeliebter Trainer Zvonimir Soldo am Sonntag im Spiel gegen den FC St. Pauli unter immensem Druck.

Hamburg. Es war abzusehen, dass es so kommen würde. Wahrscheinlich hätte jeder Trainer, der in Köln auf den Exzentriker Christoph Daum gefolgt wäre, ähnliche Probleme bekommen. Mit Zvonimir Soldo hat der 1. FC Köln jedoch den größtmöglichen Kontrast geschaffen und einen Trainer verpflichtet, der in stoischer Ruhe seine Arbeit verrichtet, der sich nüchtern und sachlich der Öffentlichkeit präsentiert und keine großen Reden schwingt, wie es der Kölner Boulevard vom Vorgänger gewohnt war. Das macht Soldo in der Hauptstadt der Frohnaturen zum Sonderling - und die Fans und Boulevardzeitungen nutzen jede Möglichkeit, den ungeliebten Trainer anzugreifen.

In der vergangenen Saison stand Soldo, der in Köln sein erstes Trainerengagement in Deutschland antrat, diverse Male vor dem Rauswurf. Nach dem leidenschaftslosen 1:1 zu Hause gegen Erzfeind Gladbach, nach dem desaströsen 0:3 gegen Absteiger Hertha BSC, sogar nachdem das Saisonziel Klassenerhalt geschafft war, kannte das Umfeld keine Gnade und forderte den Abschied des Kroaten. Doch der Verein hält an Soldo fest. Weil der es jedes Mal geschafft hat, seine eigenen Schicksalsspiele zu gewinnen - und weil man in Köln überzeugt ist von seinen Fähigkeiten. Zudem sehnt sich die Chefetage um Manager Michael Meier und Präsident Wolfgang Overath nach Kontinuität. "Eine Trainerdiskussion gibt es im Verein nicht", sagt Overath, nicht zum ersten Mal in den letzten Tagen.

Dabei ist der Ernstfall wieder eingetreten. Der FC hat seinen Saisonauftakt nach der Heimpleite gegen Kaiserslautern (1:3) und der Niederlage in Bremen (2:4) total verpatzt, ganz Köln spricht vor dem Gastspiel des FC St. Pauli im Rheinenergie-Stadion (So., 17.30 Uhr) vom "Endspiel" für den Trainer. In Fan-Foren im Internet wird Soldo als "Angsthasentrainer", "Versager" und "Loosertyp" verunglimpft. Sein Kredit bei den Fans ist nie groß gewesen, jetzt scheint er endgültig aufgebraucht. Overath steuert gegen: "Das Spiel ist sehr wichtig für uns. Mit null Punkten nach drei Spielen entsteht in einer Medienstadt wie Köln schnell Unruhe, aber es geht in diesem Spiel nicht um den Trainer, sondern darum, dass wir drei Punkte holen müssen."

Soldo gilt als sehr diszipliniert, wird von den Spielern geschätzt, seine Bilanz spricht allerdings gegen ihn. Mit 1,06 Punkten pro Spiel hat der 42-Jährige den schlechtesten Punkteschnitt aller Trainer, die mindestens 34 Spiele auf der Kölner Trainerbank saßen. Vor allem die Heimspiele liefen nicht rund. Das soll diese Saison anders werden, um die hohen Erwartungen des Publikums zu erfüllen. "Da waren wir oft nicht aggressiv genug", sagt Overath. "Wir wissen, dass es gegen St. Pauli sehr schwer wird, Aufsteiger leben von Euphorie und Leidenschaft, da müssen wir gegenhalten." Was er nicht sagt: Sollte der FC St. Pauli es schaffen, das kritische Kölner Publikum gegen die eigene Mannschaft aufzubringen, und am Ende gar als Sieger vom Platz gehen, wird der Gegenwind aus der Stadt sowohl dem Trainer als auch der Vereinsführung als Hurrikan entgegenblasen.