Heute kehrt die Mannschaft an die Kollaustraße zurück. Spieler begrüßen die Veränderungen. Rothenbach: “Die Zeit des Redens ist vorbei.“

Hamburg. Die Sonne allein reicht noch nicht aus, zu dicht ist die Schneedecke, zu tief sitzt der Bodenfrost. Sechs Arbeiter der Garten- und Landschaftsbaufirma Schlatermund sind im Einsatz und bemühen sich nach Kräften, den Trainingsplatz an der Kollaustraße mit einem Räumfahrzeug und Schaufeln von Schnee und Eis zu befreien.

Den ersten erkennbaren Grashalmen sind die Strapazen des Winters deutlich anzusehen, viel Grün ist nicht übrig geblieben, über dem tief sitzenden Frost bildet sich eine schmierige braune Masse aus Erde und verstümmeltem Rasen. Doch die Greenkeeper, die gestern um 7.30 Uhr den ersten Schnee zur Seite schoben, sind zuversichtlich, den Platz zur zweiten Trainingseinheit heute Nachmittag in einen bespielbaren Zustand zu versetzen. Damit hier der Neuanfang gestartet werden kann, die viertägige Vorbereitung auf die von Trainer Holger Stanislawski ausgerufene neue Saison, die nur neun Spieltage andauern wird.

+++ Im Wortlaut: Stanislawskis Brandrede +++

"Wir hatten schon ein bisschen Heimweh", sagt St. Paulis Vize-Kapitän Carsten Rothenbach. "An die Kollaustraße zurückzukehren ist so, als ob man sich zu Hause im Wohnzimmer auf das Sofa schmeißt." Die Anlage am Millerntor ist auf das alltägliche Training nicht ausgerichtet, der Kraftraum sporadisch eingerichtet, die Mannschaft auf zwei Kabinen aufgeteilt. Selbst wenn die Plätze noch nicht in optimalem Zustand sind, sei es sinnvoll, wieder an der Kollaustraße zu trainieren, sagt Rothenbach. "Das kann uns einen zusätzlichen Schub geben." Die letzte Einheit auf dem Trainingsgelände absolvierte das Team am 18. Dezember 2009. Seither unterliegt die Leistungskurve der Hamburger starken Schwankungen.

Das hatte Stanislawski dazu bewegt, am Montag in einer entschlossenen Ansprache Reaktionen von jedem Einzelnen zu fordern. "Die Mannschaft hat die Worte des Trainers positiv aufgenommen", ist Rothenbach überzeugt. "Einige hatten schon schwer zu schlucken, aber wenn man das mal sacken lässt und darüber nachdenkt, wird jeder zu der Erkenntnis kommen, dass es eine gute Sache ist." Stanislawski hatte den Konkurrenzkampf angeheizt, indem er ankündigte, in dieser Woche jeden Spieler neu zu beurteilen und die Aufstellung für das nächste Spiel gegen RW Oberhausen (So, 13.30 Uhr) allein von den Trainingsleistungen abhängig zu machen. "Es wird sich zeigen, wer damit umgehen kann", sagt Rothenbach, der den geplanten Neuanfang aufgrund seines Muskelfaserrisses nur eingeschränkt miterleben wird. "Der Punkt ist erreicht, an dem wir aufhören sollten zu reden, jetzt steht das Leistungsprinzip noch mehr im Mittelpunkt. Das kann nur förderlich sein."

Die aufgrund der Witterung verkorkste Wintervorbereitung auf dem verschneiten Kunstrasenplatz am Millerntor macht Rothenbach nicht für den Leistungsabfall der Mannschaft verantwortlich. Die angekündigte intensive Trainingsarbeit in den nächsten Tagen und Wochen sei lediglich ein Mittel des Trainers, die Mannschaft wachzurütteln. "So ein Neuanfang ist gut für den Kopf, um sich seiner Stärken zu erinnern", sagt Rothenbach. "Jeder weiß, dass jetzt nicht die Zeit ist, sich auszuruhen. Die Spiele werden in dieser Phase der Saison immer enger. Darauf müssen wir vorbereitet sein." Den Anfang haben die Schneeschipper gemacht, von heute an ist die Mannschaft gefordert.