St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski weiß, dass ganz Deutschland am Abend nach Kaiserslautern schaut, wenn St. Pauli zum Topspiel antritt.

Hamburg. Die Frage, was er mit dem Betzenberg assoziiere, ist gerade ausgesprochen, da hat Holger Stanislawski die Antwort schon parat. "Fahrstuhl", sagt der Trainer des FC St. Pauli und liefert die Erklärung gleich mit: "Da musst du mit dem Fahrstuhl hoch zu den Kabinen fahren. Das gibt es sonst nirgendwo."

Wenn er und seine Spieler heute um 18.50 Uhr besagten Lift im Fritz-Walter-Stadion besteigen, wird die Vorfreude ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. 85 Minuten später pfeift Fifa-Schiedsrichter Knut Kircher vom TSV Hirschau das Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem FC St. Pauli (DSF und Sky, Liveticker in abendblatt.de) an. Der Fernsehsender DSF rechnet mit einer Rekord-Einschaltquote, Kaiserslauterns Geschäftsführer Jens König darf sich auf einen echten Zahltag freuen. Bereits im Vorverkauf setzte der Verein mehr als 40 000 der 48 500 Karten, davon etwa 4000 an Gästefans, ab. Die Partie elektrisiert die Massen. "Von den Rahmenbedingungen her ist der Vergleich zur Bundesliga sicher zulässig", sagt Stanislawski, "Deutschland schaut am Montag auf dieses Spiel, und darauf kann man schon ein bisschen stolz sein. Schließlich haben sich beide Truppen dieses Prädikat in 22 Spielen hart erarbeitet und damit auch absolut verdient."

Der Blick in die Statistik unterstreicht des Trainers Einschätzung. Seit dem 14. Spieltag stehen sich die beiden Ausnahmemannschaften der Zweiten Liga im Fernduell gegenüber, nun kommt es zum mit Spannung erwarteten direkten Vergleich um die Tabellenführung: Kaiserslautern als Erster, St. Pauli, das den Platz an der Sonne an den vergangenen drei Spieltagen immerhin vorübergehend am Freitag eroberte, als Zweiter. Die Pfälzer, die erst 17 Gegentore hinnehmen mussten, empfangen die torhungrigste Offensive (48), es stehen sich die beiden stabilsten Defensivreihen des Unterhauses gegenüber, das zweitbeste Heimteam will gegen die auswärtsstärkste Mannschaft bestehen. Gegensätze, die sich nicht ausschließen, wie Milan Sasic, Trainer von Verfolger MSV Duisburg, findet: "In der Spielanlage sehe ich viele Ähnlichkeiten. Beide Teams stehen stabil, schalten schnell um und lauern auf Konter. Es wird darauf ankommen, wer die Nerven verliert. Wer zuerst einen Fehler macht, der verliert das Spiel. Wir werden die beiden besten Mannschaften der Liga sehen."

Sasic tendiert zu einem knappen FCK-Sieg, hält aber auch ein Unentschieden für möglich. Und das erwartet der Großteil der Konkurrenz, wie eine Abendblatt-Umfrage unter den 16 Cheftrainern der Liga ergab (siehe Tabelle links). "Es wird sicher eine rassige Begegnung auf hohem Niveau, beide Teams spielen eine tolle Saison, konstant, attraktiv und leidenschaftlich. Sie stehen zu Recht dort oben", verteilt Claus-Dieter Wollitz von Energie Cottbus Vorschusslorbeeren, "aber einen Tipp möchte ich nicht abgeben, da mir beide Vereine gleichermaßen sympathisch sind." Sympathie und Vorfreude auch unter den Trainern. "Das wird ein echtes Gipfeltreffen", weiß Karlsruhes Chefcoach Markus Schupp. Einen Sieg traut den Hamburgern aber auch er nicht zu. Mit Ausnahme von Hans-Jürgen Boysen (FSV Frankfurt) erwarten alle ein Remis oder einen Heimsieg.

"In jedem Fall wird es intensiv", verspricht Stanislawski, "es wird auf dem Platz sicherlich das eine oder andere Scharmützel geben. Mal schauen, welcher Plan sich am Ende durchsetzt." St. Pauli hat sich auf einen stimmungsvollen Abend eingerichtet, wie auch Innenverteidiger Ralph Gunesch bestätigt: "Uns erwartet ein Hexenkessel. Die Vorfreude könnte kaum größer sein." Aussagen wie die Ankündigung von Kaiserslauterns Torhüter Tobias Sippel ("Der Betze wird beben") haben in Hamburg eher luststeigernde denn hemmende Wirkung verursacht.

St. Pauli will die Assoziation des Trainers bewahren, wenn auch im übertragenen Sinn. Der erste Sieg im 13. Versuch auf dem Betzenberg würde die Chancen auf einen Aufstieg in die Bundesliga weiter anwachsen lassen. Um 18.50 Uhr öffnet sich die Fahrstuhltür.