Im fernen Indonesien vertrat der HSV den deutschen Fußball. Das 2:2 bei 30 Grad war wichtig für die Kasse – und für die Zukunft. Für 44 Stunden erhalten die Hamburger 450.000 Euro.

Malang. Die 35.000-Mann-Party im Stadion Kanjuruha in Malang sollte am späten Montagabend auch lange nach dem Schlusspfiff nicht beendet sein. Die Fans des indonesischen Vizemeisters Arema Crounus, der dem weit gereisten HSV ein tapferes 2:2-Unentschieden abgetrotzt hatte, tanzten, jubelten und feierten ihre abgekämpften Helden mit lautstarken Sprechgesängen. Doch auch die völlig erschöpften Hamburger, die sich von 30 Grad, 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und einem Rasen der Sorte Kartoffelacker nicht schocken lassen wollten, waren trotz des eher dürftigen Auftritts nicht unzufrieden. „Am wichtigsten ist doch, dass sich bei so einem Trip um die ganze Welt und bei derartigen Umständen niemand verletzt hat“, sagte Trainer Bert van Marwijk, der nur zu gut wusste, dass es an diesem Abend einmal nicht primär um das Ergebnis ging.

Bereits neun Stunden zuvor, natürlich mit der obligatorischen Stunde Verspätung, war der HSV in Malang im Osten Javas gelandet. Und worum es bei dem Tagestrip in die achtgrößte Stadt Indonesiens in Wirklichkeit ging, wurde den Hamburgern bereits nach der Ankunft im Premiere-Hotel Santika klar. Ein rasches Mittagessen, dann folgte eine erneute Interviewrunde mit den lokalen Medien. „Der HSV spielt insbesondere aufgrund seiner Historie eine wichtige Rolle bei der Auslandsvermarktung der Bundesliga“, erklärt Peter Leible, auf dessen DFL-Visitenkarte „Chief Representative Asia Pacific“ steht, was übersetzt so viel wie „Chefvermarkter Asien der Deutschen Fußball-Liga DFL“ bedeutet.

Leible begleitet den HSV auf seiner dreitägigen Indonesienreise, stellt Kontakte her und sorgt dafür, dass die Hamburger die Bundesliga in 12.000 Kilometer Entfernung bestmöglich repräsentieren. „Seit 2006 ist das Interesse der Bundesligaclubs an Asien und umgekehrt rasant gestiegen“, sagt der frühere Marketingdirektor von 1860 München, der vor zwei Jahren die erste DFL-Auslandsdependance in Singapur eröffnete. Der 46 Jahre alte Familienvater betreut mehr als 21 TV-Märkte in Asien, reist wöchentlich zwischen den großen Metropolen in Fernost hin und her und versucht das Produkt Bundesliga zu versilbern. „Bei der Auslandsvermarktung liegen die englischen Clubs noch weit vorne, wobei die Bundesliga immer mehr aufholt“, sagt Leible, der im Stakkato die Flugdistanzen von Singapur nach Jakarta oder Kuala Lumpur (jeweils eine Stunde), nach Bangkok (zwei Stunden), Hongkong (drei Stunden), Mumbai (fünf Stunden), Tokio (sieben Stunden) und nach Sydney (acht Stunden) herunterbeten kann.

Leible und HSV-Vorstand Joachim Hilke kennen sich seit Jahren, wodurch der 450.000-Euro-Trip auf dem kleinen Dienstweg beschlossen wurde. 250.000 Euro erhält der HSV von der DFL-Tochter Sports Enterprises, in der auch Hilke mitwirkt, 200.000 Euro zahlen die Indonesier. „Der HSV ist weltweit noch immer sehr bekannt“, sagt Leible, der hofft, dass der HSV-Besuch in Jakarta und Malang eine Fortsetzung finden wird: „Uns ist vor allem die Nachhaltigkeit derartiger Auslandsaufenthalte wichtig. Es wäre wünschenswert, wenn aus solchen Reisen auch Partnerschaften entstehen würden.“

Vorreiter in Sachen Auslandsvermarktung ist seit Jahren die englische Premier League. Manchester United betreibt sogar ein eigenes Café mit Fanshop in Jakarta, Arsenal London hat einen eigenen Laden in Hongkong. Kein Wunder also, dass sich die DFL-Clubs derzeit noch mit TV-Geld-Peanuts von jährlich 70 Millionen Euro aus der internationalen Vermarktung zufriedengeben müssen, während die Engländer an der magischen Grenze von einer Milliarde Euro kratzen. Auch die spanische Primera División und die italienische Serie A sind der Bundesliga im Ausland noch immer weit voraus. „Die Engländer, Spanier und Italiener haben bereits vor 15 Jahren mit der Auslandsvermarktung angefangen und sind kontinuierlich gewachsen. Die Bundesliga hat damit dagegen erst so richtig 2006 begonnen“, sagt Leible, der daran erinnert, dass auch die deutschen Spitzenclubs in Asien immer präsenter werden. Bayern München plane ein eigenes Büro in China, und mit Benedikt Scholz, Dortmunds Verantwortlichem für internationale Beziehungen, sei er gerade erst durch den Fernen Osten getourt. Bis 2006 wurden Bundesligaspiele in Asien lediglich in Japan, Thailand, China und in Hongkong gezeigt, seit diesem Jahr ist die Liga auf dem Kontinent flächendeckend bis auf Pakistan zu sehen.

Tatsächlich wächst das weltweite Interesse an der Bundesliga vor allem durch die Champions-League-Auftritte von Bayern und Dortmund sowie durch die Tradition von Vereinen wie Schalke, Gladbach und eben dem HSV zunehmend. So ist man in der DFL-Zentrale in Frankfurt am Main mächtig stolz auf den gerade erst abgeschlossenen TV-Vertrag mit Fox International Channels, die die Liga von 2015 an in Nord- und Südamerika sowie in einem Großteil Asiens übertragen. Dann dürfen sich die Bundesligavereine auch über Fernseheinnahmen von rund 120 bis 140 Millionen Euro freuen, wodurch jeder einzelne Club nach einem komplizierten Verteilungsschlüssel bis zu 100 Prozent mehr bekommen wird. „Der neue TV-Vertrag ist ein Meilenstein für die Bundesliga. Es war eine strategische Entscheidung, und es wurde ein strategischer Preis gezahlt“, frohlockt Leible, der gerade erst die Übertragungsrechte der Bundesliga-Rückrunde auf den Fidschi-Inseln absetzen konnte.

Doch auch der Preis, den der HSV auf seinem 44-Stunden-Trip quer durch Indonesien zu zahlen hat, ist nicht zu unterschätzen. Zwar wurden Spieler und Trainer ähnlich wie in Jakarta auch in Malang wie Popstars gefeiert, die Strapazen der vergangenen zwei Tage machen sich aber zunehmend bemerkbar. „Wirklich glücklich werde ich mit dieser Reise nicht“, sagte van Marwijk, der trotz aller Anstrengungen gute Miene zum bösen Spiel machte und sich bereitwillig mit den indonesischen Fans fotografieren ließ.

„Indonesien ist zwar immer noch ein Fußballentwicklungsland, aber die Indonesier sind fußballverrückt“, sagt Leible, der vor seinem Abschied an diesem Dienstag von den Hamburgern noch mit einem Augenzwinkern das exotische Ziel seiner nächsten Dienstreise verrät: Frankfurt am Main, der Neujahrsempfang der DFL.

HSV, 1. Halbzeit: Drobny – Lam, Sobiech, Tah, Jansen – Badelj, Jiracek – Zoua, van der Vaart, Ilicevic – Rudnevs. 2. Halbzeit: Neuhaus – Lam (60. Diekmeier), Djourou, Mancienne, Jordan – Rincon, Arslan – Beister, Calhanoglu, Brüning – Lasogga.

Tore: 0:1 van der Vaart (23./Foulelfmeter), 1:1 Gonzales (34.), 1:2 Zoua (44.), 2:2 Sunarto (56.).