Mit Marcell Jansen, René Adler und dem nachnominierten Heiko Westermann ist Hamburg bei den Länderspielen gegen Irland und Schweden gleich mit einem Trio vertreten.

Düsseldorf. Marcell Jansen musste die Augen erst mal zu kleinen Sehschlitzen zusammenkneifen, als er am Dienstagmittag die Rudas Studios betrat. An das Rampenlicht der großen Fußballbühne hat sich der 27 Jahre alte Hamburger längst gewöhnt, aber das beißende Scheinwerferlicht in dem Musikclub im Düsseldorfer Medienhafen schien selbst Jansen für einen kurzen Moment zu grell. Es dauerte dann aber nicht lange, ehe der Nationalspieler seinen Platz – natürlich links außen – auf dem etwas erhöhten Pressepodest gefunden hatte. „Ich freue mich immer, alle Leute bei der Nationalmannschaft wiederzutreffen. Man bekommt hier immer so ein familiäres Gefühl“, sagte der Linksverteidiger, der nach längerer Pause mal wieder von der DFB-Medienabteilung zur täglichen Pressekonferenz in der Woche vor einem Länderspiel eingeladen wurde.

Wenn Deutschland am Freitag (20.45 Uhr/ARD und im Liveticker bei abendblatt.de) im vorletzten WM-Qualifikationsspiel in Köln auf Irland trifft, wird Jansen mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit sein 41. Länderspiel bestreiten – als einen alten DFB-Hasen kann man den HSV-Profi aber wohl trotzdem nicht bezeichnen. Das Spiel am Freitag in Köln ist für den im 60 Kilometer entfernten Mönchengladbach geborenen Abwehrspieler „ein ganz besonderes“. Er habe viele Kartenanfragen von Freunden und Familienangehörigen bekommen, „und ich habe versucht, sie alle auch zu erfüllen“. Mehr als zweieinhalb Jahre musste der gebürtige Rheinländer zuletzt vergeblich auf einen DFB-Einsatz warten, ehe er im März dieses Jahres – beim 4:1-Heimsieg gegen Kasachstan – wieder für die Nationalmannschaft spielen durfte. „Wenn man eine Chance bekommt, dann muss man die auch nutzen“, sagte Jansen, der entschlossen ist, genau dies gegen Irland bei seinem ersten Startelfeinsatz in einem Pflichtländerspiel seit mehr als drei Jahren zu tun. Sein Fernziel, und diesen Anspruch hat er nicht exklusiv, ist und bleibt natürlich ein WM-Ticket für Rio.

Mit Jansen, Torhüter René Adler und dem nachnominierten Heiko Westermann sind gleich drei HSV-Profis in Köln dabei, die sich ernsthafte Hoffnungen auf die Reise im kommenden Sommer nach Brasilien machen dürfen. „Ich hatte nicht mehr mit einer Nominierung gerechnet, aber ich nehme das gerne mit“, sagte Westermann am Montag, unmittelbar nachdem ihn Bundestrainer Joachim Löw telefonisch die frohe Kunde überbracht hatte. „Löw braucht einen Allrounder, der alles spielen kann“, sagte der 30-Jährige, der seinen geplanten Familienausflug an die Ostsee gerne abgesagt und sich stattdessen mit Jansen und Adler auf den Weg zum Flughafen gemacht hatte.

HSV mit drittgrößtem DFB-Block

Es mag nach dem schwachen Saisonstart fast schon ein wenig abstrus anmuten, aber tatsächlich stellt der HSV mit seinem Defensivtrio nach Bayern (sieben Nationalspieler) gemeinsam mit Dortmund gegen Irland den größten Nationalmannschaftsblock. Echte Chancen auf einen Platz in der Startelf darf sich allerdings nur Jansen ausrechnen, der von der Verletzung seines Dortmunder Konkurrenten Marcel Schmelzer profitiert. „Mein Ehrgeiz ist schon sehr ausgeprägt“, antwortete Jansen entsprechend selbstbewusst auf die Frage, wie er seine Chancen einschätzt, sich bis zur WM 2014 einen Stammplatz zu erarbeiten. Besonders die zuletzt guten Resultate unter Neu-Trainer Bert van Marwijk hätten ihm, Westermann und Adler gutgetan, sagte Jansen, der dies aber nicht als Spitze gegen den früheren HSV-Trainer Thorsten Fink verstanden wissen wollte: „Auch unter Thorsten Fink haben wir viel richtig gemacht.“

Dies hatte Jansens HSV- und DFB-Kollege Adler vor zwei Wochen noch anders dargestellt. „Wir haben wieder einen Cheftrainer mit einer klaren Idee“, hatte der Torhüter nach van Marwijks Debüt gesagt, und nachgelegt: „Es ist gut, dass jetzt ein starker Mann da ist, der die Richtung vorgibt.“ Ob der Niederländer aber tatsächlich dafür mitverantwortlich ist, dass nach langer Pause wieder drei Hamburger im DFB-Kader stehen, bleibt fraglich – auch wenn Aushilfsrechtsverteidiger Westermann die optimierte Grundordnung in der Viererkette hervorhebt: „Wir stehen in der Defensive gut und eng.“

Dass ausgerechnet Westermann nach zahlreichen verletzungsbedingten Absagen von Löw nachnominiert wurde, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen schätzt der Bundestrainer die Variabilität des Abwehr-Allrounders, der zwar am liebsten in der Innenverteidigung spielt, aber auch schon als Linksverteidiger, vor der Abwehr und wie derzeit beim HSV als Rechtsverteidiger ausgeholfen hat. Dass der Franke vor drei Jahren von Schalke zum HSV gewechselt ist, um eben nicht mehr auf verschiedenen Positionen eingesetzt zu werden, ist also genauso erstaunlich wie die zweite Eigenschaft, die Westermann laut Löw auszeichnet: der Familienvater, der von 110 möglichen Bundesligaspielen für den HSV 109 (!) absolviert hat, gilt als unverwüstlich.

Kurios ist das vor allem deshalb, weil ausgerechnet der „Unkaputtbare“ genau wie HSV-Kollege Adler die vergangene WM in Südafrika wegen einer Verletzung absagen musste. Westermann fehlte 2010 nach einem Kahnbeinbruch, Adler nach einer Rippenverletzung. Jansen war dabei, wurde aber zumindest zeitweise kurz nach der WM aussortiert. Gegen eine Rückkehr ins WM-Rampenlicht in Brasilien, da ist sich das HSV-Trio einig, hätte nun niemand etwas einzuwenden.