HSV-Legende Uwe Seeler und der frühere Manager Günter Netzer spielten sich bei der 20. Hamburg-Soirée gekonnt die Bälle zu.

Hamburg. Dass das Alter selbst mit Legenden kein Erbarmen kennt, war nur eine der vielen Erkenntnisse, die ein launiger Montagabend im Gobelinsaal des Fairmont Hotels Vier Jahreszeiten für die mehr als 170 geladenen Gäste bereithielt. So musste der frühere HSV-Manager Günter Netzer, 68, gleich zu Beginn der 20. Hamburg-Soirée eingestehen, dass seine Schuhgröße altersbedingt von 46 2/3 auf 44,5 geschrumpft ist. Uwe Seeler, 76 ("Ich habe kleine und schnelle Füße"), musste auf Nachfrage dagegen einräumen, dass seine Füße nach mehreren Operationen sogar mit der Zeit von 41,5 auf 42 gewachsen sind. Nur Bürgermeister Olaf Scholz, mit 54 Jahren der Benjamin der Runde, wurde die Frage nach der Schuhgröße erspart.

Aber selbstverständlich waren banale Themen wie das Schrumpfen der Füße bei der Jubiläumsveranstaltung der 2003 ins Leben gerufenen Hamburg-Soirée, die von guenstiger.de und der Sparda-Bank gesponsert wurde, nur Randaspekte. Vielmehr gelang es den Moderatoren Christian Hinzpeter und Jens Meyer-Odewald dem prominenten Trio neben allerlei Klönschnack auch die eine oder andere Aussage zu den Themen, die die Stadt bewegen, zu entlocken. "Die Ansprüche, die der HSV hat, können nicht jenseits irgendwelcher Europapokalplätze liegen", bilanzierte Netzer die wechselhafte HSV-Saison schon vor dem letzten Spieltag, "man kann nicht zufrieden sein. Die Mannschaft hat kein Vertrauen geschaffen. Man muss sich nur mal vorstellen, welche Punkte der HSV in dieser Saison liegen gelassen hat."

Seeler wollte dagegen nicht die Hoffnung aufgeben, dass der erhoffte Europapokalplatz doch noch im Endspurt erreicht wird: "Leverkusen ist hinten nicht ganz so gut." So oder so sei er dankbar, dass er in dieser Saison weniger Aufregung hatte als in der vergangenen Spielzeit: "Mein Herz wurde dieses Jahr geschont."

Auch das nicht ganz einfache Thema Uli Hoeneß wurde von den Moderatoren angesprochen. "Wenn er meine Hilfe braucht, dann würde er sie bekommen. Uli Hoeneß hat Verfehlungen begangenen, dafür muss er geradestehen. Und das wird er auch", sagte Netzer, der nach eigener Aussage nicht zu den besten Freunden von Hoeneß gehört. SPD-Politiker Scholz konnte der ganzen Diskussion um den strauchelnden Bayern-Präsidenten sogar etwas Positives abgewinnen. Steuerhinterziehung, das hätte die Debatte der vergangenen Wochen gezeigt, sei in der Öffentlichkeit offenbar kein Kavaliersdelikt mehr: "Das ist die richtige Konsequenz dieses Ereignisses."

Nach einem kurzen Ausflug in die Politik (Netzer: "Ich bin kein politischer Mensch") kehrte die Runde schnell wieder zum Fußball zurück. Seeler prangerte die heutige Mentalität aller Beteiligten im Geschäft Fußball an ("Verträge zählen doch heute gar nichts mehr"), Netzer konterte den Vorwurf, dass er durch seine extrovertierte Art und Weise auf und außerhalb des Platzes als eine Art "Ur-Beckham" bezeichnet werden könnte: "Beckham war fußballerisch nicht so gut, wie er gemacht wurde." Er selbst hatte sehr wohl großes Talent, wurde aber auch rechtzeitig gefördert. Redenschwingen sei dagegen nicht seine Sache: "Ich weiß, dass ich das nicht kann. Ich bin zu schüchtern."

Die zahlreichen Zuhörer - darunter auch HSV-Chef Carl Jarchow, St. Paulis Geschäftsführer Michael Meeske, Netzers Moderatorenkollege Gerd Delling, Ruder-Olympiasieger Eric Johannesen, Innensenator Michael Neumann und Finanzsenator Peter Tschentscher - dürften ihr Kommen nach rund 90 Minuten mit Nachspielzeit und dritter Halbzeit sicherlich nicht bereut haben. Besonders Netzers launige Erzählungen aus früheren Zeiten ("Wäre ich vom Fußball so besessen wie Wolfgang Overath gewesen, dann wäre ich besser als Pelé geworden") sorgten für einige Lacher.

Zum Abschluss eines kurzweiligen Abends verteilten Hinzpeter und Meyer-Odewald Geschenke an das Gesprächstrio. Der Bürgermeister durfte sich über ein Buch über Baukunst freuen, Netzer erhielt eine CD seiner Lieblingssänger John Lennon und Bruce Springsteen, und "Uns Uwe" wurde mit Golfbällen mit Hamburg-Wappen beschenkt. Über das Altern wurde beim anschließenden Bier in großer Runde dann nicht mehr gesprochen.