Die Finanzierung des Niederländers gestaltet sich weiterhin schwierig - doch der HSV gibt nicht auf. Jiracek wäre dann wohl die B-Lösung.

Hamburg. Kopf runter und durch: So versuchte sich HSV-Sportchef Frank Arnesen gestern den Weg vom Trainingsplatz zur Arena zu bahnen. Anders als sonst ließ er sich nicht auf einen Plausch mit dem Tross von Journalisten ein, sondern verweigerte im Gehen weitere Stellungnahmen zu möglichen Transfers. Es gebe nichts Neues in Sachen Neuzugänge. Auch Trainer Thorsten Fink hielt sich mit Kommentaren zu etwaigen Verpflichtungen zurück, da im Nürnberg-Spiel morgen (15.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) "eh kein Neuer auf dem Platz stehen wird".

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Dennoch bewegt vor allem eine mögliche Rückkehr von Rafael van der Vaart (Abendblatt berichtete) den Traditionsklub weiter. Die niederländische Tageszeitung "De Telegraaf" meldete sogar, der Wechsel des Nationalspielers von Tottenham Hotspur sei "so gut wie sicher". Allerdings seien Arnesen die zwölf Millionen Euro, die der Premier-League-Klub für "VdV" verlange, zu viel.

So weit ist die Angelegenheit längst nicht gediehen. Am Mittwochabend hatte der Vorstand den Aufsichtsrat über die Hintergründe des Pokers informiert. Einhellige Meinung der Kontrolleure: Der Wechsel ist nicht zu stemmen - nicht einmal mit der versprochenen Unterstützung des HSV-Gönners und van-der-Vaart-Fans Klaus-Michael Kühne. Tottenhams Präsident Daniel Levy, der in der Branche als besonders geschäftstüchtig gilt, verlangt offenbar 15 Millionen Euro für den Niederländer, obwohl dieser nur noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2013 hat. Zusätzliches Problem: Levy und Arnesen gerieten in der Chelsea-Zeit des Sportchef schon mal kräftig aneinander.

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Dennoch arbeitet der Vorstand weiter mit Hochdruck an dem großen Transfer. Allerdings ist klar, dass es nur geht, wenn Kühne weit mehr als die zunächst angedachten 40 bis 50 Prozent des Gesamtpakets übernimmt. Dieses liegt in einer Größenordnung von rund 35 Millionen Euro (Ablöse plus Gehalt für einen Vierjahresertrag). Die Gespräche mit dem eigenwilligen Milliardär sind schwierig. Im Juli vereiste die Geschäftsbeziehung HSV/Kühne, als der Wahl-Schweizer in einer Pressemitteilung dem Vorstand fehlende "Schnelligkeit und Konsequenz" vorwarf. Inzwischen ist der Kontakt jedoch wieder passabel. Und offenbar ist der Geldgeber inzwischen in der Tat bereit, seinen Anteil zu erhöhen.

An van der Vaart selbst sollte der Wechsel nicht scheitern. Im Gegenteil: Offenbar ist der Holländer sogar bereit, auf Teile seines Gehalts bei Tottenham zu verzichten. Kein Wunder, schließlich ist er beim Premier-League-Klub nicht mehr erste Wahl. Bei der 1:2-Auftaktniederlage in Newcastle saß er 67 Minuten auf der Bank. Gattin Sylvie gilt ohnehin als Hamburg-Fan - schließlich startete sie an der Elbe ihre Karriere im deutschen Showbusiness.

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Alternativ haben die Hamburger Petr Jiracek vom VfL Wolfsburg im Auge (das Abendblatt berichtete). Angeblich gibt es schon Einigung mit dem Spieler über einen Vierjahresvertrag. Doch auch hier sind die Gespräche mit dem abgebenden Verein schwierig. Nach Abendblatt-Informationen verlangt Wolfsburg rund 1,5 Millionen Euro mehr Ablöse als die zunächst kolportierten 3,5 Millionen, für die der Tscheche im Winter von Viktoria Pilsen zum VfL gewechselt war. Es ist ein überraschender Plan: Schließlich absolvierte Jiracek eine durchaus überzeugende Rückrunde in Wolfsburg. Auch bei der EM 2012 überzeugte er im tschechischen Trikot. Doch Magath liegt mit dessen Berater im Clinch und will unbedingt den spanischen Nationalspieler Benat Etxebarria nach Wolfsburg holen. Im Tausch könnte Jiracek zu Betis Sevilla wechseln - doch der Magath-Schützling will lieber zum HSV.

Jiracek oder van der Vaart - diese Entscheidung hätte auch unmittelbare Konsequenzen auf das Spielsystem. Kommt van der Vaart, bleibt es bei der von Fink favorisierten Taktik mit zwei defensiven Mittelfeldspielern und einem echten Spielgestalter. Kommt Jiracek, würde er sich mit Milan Badelj, der spätestens Ende August von Dinamo Zagreb kommen wird, das zentrale Mittelfeld aufteilen - unterstützt von Defensivspezialist Heiko Westermann.

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Der HSV-Führung stehen auf jeden Falls arbeitsreiche Tage bevor. Das Transferfenster schließt am 31. August. Die Frage bleibt, ob der Zeitdruck eher Arnesen oder seinen Verhandlungspartnern in die Karten spielt. Tottenham-Chef Levy gilt als Spezialist für Last-Minute-Transfers, van der Vaart holte er von Real Madrid 2010 erst Minuten vor Transferschluss. Levy weiß natürlich genau, wie sehr Arnesen unter Druck steht. Auf der anderen Seite kann er nur jetzt für van der Vaart noch Kasse machen - 2013 wäre der Holländer ablösefrei. Es ist eben auch alles eine Frage der besseren Nerven.